: Wieviel Macht für Kim?
■ Nordkoreas Erbe Kim Jong Il soll an der Spitze eines Direktoriums herrschen
Tokio/Seoul (AFP) –Nach dem Tod Kim Il Sungs soll in Nordkorea ein neues Führungssystem eingeführt werden, das die Macht des Sohnes und Nachfolgers des Präsidenten, Kim Jong Il, möglicherweise einschränkt. Kim Jong Il werde Nordkorea an der Spitze eines Direktoriums regieren, kündigte Außenminister Kim Yong Nam bei der offiziellen Trauerfeier zum Gedenken an Kim Il Sung an, wie die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA berichtete.
Politische Beobachter gehen davon aus, daß Kim Jong Ils Macht durch das neue Führungssystem eingeschränkt werden könnte. Kim Jong Il wurde während der Trauerzeremonie zwar als Nachfolger Kim Il Sungs bezeichnet. Bislang wurde er jedoch noch nicht offiziell mit den Titeln seines Vaters belegt, der zugleich Parteiführer und Präsident gewesen war. An der Trauerfeier auf dem Kim-Il- Sung-Platz nahmen etwa hunderttausend Menschen teil.
Kim Jong Il wohnte der im nordkoreanischen Fernsehen übertragenen Trauerzeremonie regungslos und ohne das Wort zu ergreifen bei, was von Beobachtern als weiteres Indiz für die politische Unsicherheit hinter den Kulissen gewertet wurde. Nach dem Tod des 82jährigen „Großen Führers“ Kim Il Sung am 8. Juli hatte es Spekulationen über Machtkämpfe innerhalb der nordkoreanischen Führung gegeben.
Dreiviertel der Teilnehmer der Zeremonie waren nach den Angaben von Diplomaten Soldaten. KCNA berichtete, Millionen weiterer Menschen hätten sich in angrenzenden Seitenstraßen und auf verschiedenen Plätzen der Hauptstadt gedrängt. Unklar war am Mittwoch weiterhin der Verbleib der sterblichen Überreste Kim Il Sungs, die nach dem Trauerzug am Dienstag zunächst in den Präsidentenpalast gebracht worden waren. Gerüchten zufolge sollte der Leichnam einbalsamiert und in ein Mausoleum auf dem Kim-Il-Sung- Platz gebracht werden.
Der Beauftragte der US-Regierung für Nordkorea, Robert Gallucci, traf am Mittwoch in Seoul ein, um dort mit hochrangigen Vertretern Südkoreas über das nordkoreanische Atomprogramm zu sprechen. Nach seiner Ankunft erklärte Gallucci, er hoffe Nordkorea werde nach dem Tod Kim Il Sungs seine Bereitschaft zu Gesprächen mit den USA und zum Einfrieren seines Atomprogramms beibehalten.
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