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Wiesenthal-Zentrum auf Nazi-JagdDeutschland soll Täter finden

80 Namen von Mitgliedern der Einsatzgruppen präsentiert das Simon-Wiesenthal-Zentrum deutschen Behörden. Die sollen die mutmaßlichen Mörder Gerichten überstellen.

Efraim Zuroff präsentiert 2013 eine Plakatkampagne, die zur Suche nach Nazi-Verbrechern aufruft. Bild: dpa

JERUSALEM/BERLIN ap | Das Simon-Wiesenthal-Zentrum drängt Deutschland zu Prozessen gegen die letzten Mitglieder der Einsatzgruppen im Zweiten Weltkrieg. Der Direktor des Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, sagte, er habe eine Liste mit den Namen von 76 Männern und vier Frauen an die Bundesministerien für Justiz und Inneres geschickt. Sein Büro sei bereit, die deutschen Behörden in jeder Form zu unterstützen.

Die Einsatzgruppen waren Sondereinheiten mit insgesamt etwa 3.000 Mann –- meist SS-Leute oder Polizisten. Dem US-Holocaustmuseum zufolge ermordeten sie bis zum Frühjahr 1943 mehr als eine Million sowjetische Juden und Zehntausende andere Menschen – bis die Nazis ihr System der Massenvernichtungslager aufgebaut hatten.

Zuroff sagte: „Die Morde in den Todeslagern wurden nur von sehr wenigen Menschen verübt – denen, die das Gas in die Gaskammern leiteten.“ Bei den Einsatzgruppen sei dagegen jeder Mord individuell begangen worden. „Fast jedes Mitglied der Einsatzgruppen war Mörder oder Mittäter“, sagte er. Nur eine Handvoll von ihnen wurde bislang vor Gericht gestellt.

Zuroff räumte ein, er wisse nicht, ob die 80 Einsatzgruppenmitglieder auf seiner Liste noch am Leben sind. Das habe er wegen der deutschen Datenschutzbestimmungen nicht herausgefunden. Für Polizei und Staatsanwaltschaft sei dies hingegen relativ einfach. Die Geburtstage der Verdächtigen lägen zwischen 1920 und 1924. „Die Zeit läuft ab. Es muss etwas geschehen“, sagte Zuroff.

„Keine neuen Informationen“

Das Bundesinnenministerium äußerte sich zunächst nicht zu Zuroffs Liste. Das Bundesjustizministerium teilte mit, es habe die Namen an die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg weitergeleitet.

Deren Leiter Kurt Schrimm sagte, er habe noch keine neuen Informationen. Die Einsatzgruppen gehörten nach neuester deutscher Rechtsauffassung zu jenen Nazi-Einheiten, die nur zu dem Zweck aufgestellt worden seien, Morde zu begehen. Deswegen könnten deren Mitglieder wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden, selbst wenn ihnen die Beteiligung an einer konkreten Tat nicht nachgewiesen werden könne.

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4 Kommentare

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  • nach fast 75 jahre nach dem kriegsende ist das nur noch beschäftigungstherpie für überforderte beamte

    hätten die selben vor 30 - 40 jahren diese sprüche geklopft und wirksam dagegen vorgegangen hätte sich das thema von selbst erledigt - einfach lachhaft

  • verständlich der Wunsch, alle Mörder vors Gericht zu bringen, obwohl der letzte Satz etwas merkwürdig klingt!-selbst wenn ihnen die Beteiligung an einer konkreten Tat nicht nachgewiesen werden könne !

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Georg Schmidt:

      Keine Gnade für Nazis.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Georg Schmidt:

      Bisher war es gängige Praxis bei der Verfolgung von NS-Tätern, den Mitgliedern der KZ-Wachen u.ä. mindestens eine konkrete Tat nachweisen zu müssen, bei der Sie eine Person ermordet haben. Inzwischen legt man schon deren Mitgliedschaft in der KZ-Wachmannschaft als Beihilfe zum Mord aus. Das macht es natürlich einfacher, schließlich leben nach so vielen Jahren kaum noch Zeugen und die Erinnerungen der noch wenigen Lebenden sind auch nicht mehr die besten.