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Archiv-Artikel

Wiesen für den Schmetterling

GÄRTNERN Auch im eigenen Garten lässt sich Artenschutz betreiben: alte Obst- oder Gemüsesorten anpflanzen und den Ordnungssinn nicht so walten lassen

BERLIN taz | Ostfriesische Palme, Rote Sternrenette und Apollo – sie sind äußerst selten oder gar vom Aussterben bedroht. Dabei könnten der imposante Grünkohl, der weihnachtsduftende Apfel und der hübsche Schmetterling in vielen Gärten wohnen. 31 Prozent der deutschen Schmetterlingsarten sind laut Bundesamt für Naturschutz bestandsgefährdet. Weltweit sind im vergangenen Jahrhundert rund 75 Prozent der landwirtschaftlichen Obst- und Gemüsesorten verschwunden, schätzt der Verein „Arche Noah“, der sich in Österreich ihrem Erhalt widmet. Hobbygärtner können viel für den Erhalt genetischer Vielfalt leisten – und immer mehr tun es.

„Die Nachfrage nach seltenen, alten Sorten wächst kontinuierlich“, sagt Sabine Marten vom Witzenhausener Verein „Dreschflegel“, der die Vielfalt von Nutzpflanzen sichern will. Dabei ist der Verein auf die Hilfe von Gartenbesitzern angewiesen, die die Vermehrung des Saatgutes durch den Kauf alter Sorten ermöglichen. „Erhalten durch anpflanzen – und aufessen“, heißt die Devise, der auch Iris Fliedner in Bochum in der Ökokleingartenanlage „Kraut und Rüben“ folgt. Neben der Roten Sternrenette gibt sie auch einem Dülmener Rosenapfel eine Heimat, um seine leicht mehligen und sehr süßen Früchte zu genießen. „Es ist manchmal schwierig, die alten Sorten zu bekommen“, sagt sie. Doch insgesamt habe sich die Situation verbessert.

Einen Sinneswandel beobachtet auch Heidrun Heidecke vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Eine neue Generation von Gartenbesitzern habe mit dem übertriebenen Ordnungssinn auf Wiesen und Beeten gebrochen. Schmetterlingen, Vögeln und Igeln reicht ein Stapel alter Äste, die im Herbst in einer Gartenecke aufgeschichtet werden. Zaunkönige und Schlupfwespen nutzen kleine Inseln von Wildblumen im Rasen als Nahrungsquelle. Überwinterungshilfen für Insekten, Igelhäuschen und Nistkästen hält Heidecke für unnötig. „Ein bisschen Wildnis tut es auch.“

HEIKE HOLDINGHAUSEN