Wiederaufbau der Bauakademie: Möglichst viel Schinkel
Wie soll die neue Bauakademie aussehen? Die Bausenatorin will die Rekonstruktion, die Grünen sind für eine zeitgenössische Architektur.
Fast zwei Jahre sind vergangen, seit der Bund im November 2016 die Katze aus dem Sack ließ: 62 Millionen Euro machte der Haushaltsausschuss des Bundestags locker, um Karl Friedrich Schinkels 1962 abgerissene Bauakademie auf dem Friedrichswerder wiederzuerrichten. Seitdem wird vor allem diskutiert. Über die Nutzung, über die Architektur.
Nun hat sich auch Katrin Lompscher (Linke) in die Debatte eingemischt. „Der Realisierungswettbewerb für das zukünftige Gebäude soll die Vorgaben Schinkels an Baukörper, Struktur und Fassade berücksichtigen“, so die Bausenatorin in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des grünen Abgeordneten Daniel Wesener. „So viel Schinkel wie möglich“ nennt Lompscher das und verweist darauf, dass eine Rekonstruktion keine bloße Kopie wäre. „Wesentliche Teile des Baudekors sind im Original erhalten.“
Die Frage Weseners, in der er unterstellte, der Senat habe sich „gegen moderne Architekturen“ ausgesprochen, dementierte Lompscher nicht. Damit geht die Senatorin einen anderen Weg als etwa die Berliner Architektenkammer, die im Februar 2017 ein „Stadtgespräch“ zu den Themen Nutzung und Architektur der Bauakademie organisiert hatte. Dabei plädierte die Präsidentin der Kammer, Christine Edmaier, für einen Wettbewerb, der als Bauziel nicht allein die Rekonstruktion vorschreibt. „Es muss offen bleiben“, so Edmaier.
Ähnlich hatte der Kunsthistoriker Adrian von Buttlar argumentiert, der die Frage aufwarf, wie Schinkel wohl auf einen Wiederaufbau reagieren würde. Von Buttlar war überzeugt: „Man ehrt Schinkel nicht, wenn man ihn rekonstruiert.“
Auch Daniel Wesener findet die Festlegung auf eine Rekonstruktion der 1836 fertiggestellte Bauakademie, jene aus Ziegeln gemauerte Ikone der Moderne des 19. Jahrhunderts, „enttäuschend“. „Zusammen mit dem Humboldt-Forum wäre das die Komplettmusealisierung der alten Mitte“, so der grüne Kulturpolitiker. Statt auf eine Rekonstruktion zu setzen, „müsste man auf die Kraft zeitgenössischer Architektur vertrauen“.
Allerdings sind noch viele Fragen offen. Bevor die Architektur an der Reihe ist, soll laut Lompscher zunächst in einem Wettbewerb diskutiert werden, welche „Ideen es für die inhaltliche Ausrichtung“ des Gebäudes gebe. „Die architektonische Ausrichtung“, so Lompscher, „ist einem weiteren Wettbewerb vorenthalten.“
Dieses Vorgehen begrüßt Wesener ausdrücklich. „Hier hat man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt“, so der Grünenpolitiker zur taz. Das gelte auch für den Wunsch Berlins, bei der Bauakademie mitzumischen. „Beim Humboldt-Forum hat das Land erst spät sein öffentliches Interesse bekundet.“
Daniel Wesener, Grüne
Mit der Unterzeichnung des Hauptstadtfinanzierungsvertrags im vergangenen Mai haben sich Bund und Berlin darauf geeinigt, dass das Grundstück der Bauakademie dem Bund übertragen wird. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen der Berliner Immobilienmanagment GmbH (BIM) und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Wie Lompscher beteuerte, werde Berlin sowohl in der Jury eines Architekturwettbewerbs als auch in einer Stiftung vertreten sein, die für die Wiedererrichtung der Bauakademie zuständig ist.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen