Wieder im Kino: Verdichtung der Ereignisse
Im Rahmen von „How to Catch a Nazi“ zeigt das Filmmuseum Potsdam „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Zwei Filme dokumentieren, wie Bob Dylan zur Rockmusik kam.
A ls der amerikanische Direct-Cinema-Pionier D.A. Pennebaker im Jahr 1966 mit dem trefflich betitelten Film „Don't Look Back“ eine Englandtournee von Bob Dylan dokumentierte, befand sich die Karriere des Musikers gerade im Umbruch: Im Jahr zuvor hatte Dylan der Folkmusik, die ihn in den frühen Jahren seiner Popularität geprägt hatte, den Rücken gekehrt und sich als Rockkünstler ganz neu erfunden.
Das war zweifellos eine musikalische Entscheidung, aber auch der Versuch, sich Erwartungen zu entziehen: Ein Folk-Messias und „Botschafts“-Künstler wollte Dylan ganz sicher nicht werden. Die Folk-Szene hatte sich allerdings als ungnädig erwiesen und ihm kommerziellen Ausverkauf vorgeworfen, und viel von den Anfeindungen dieser Jahre und Dylans entsprechender Reaktion verspürt man auch in „Don't Look Back“ – vor allem in den Pressekonferenzen, die die Tournee begleiteten. Zu sehen ist der Film in der Reihe Free Friday mit kostenlosen Mitternachtsvorführungen im Babylon Mitte.
Die Vorgeschichte zur 66er-Englandtournee erzählt das auf dem Buch „Dylan Goes Electric!“ von Elijah Wald basierende Dylan-Biopic „Like a Complete Unknown“ (R: James Mangold), dessen Story genau in jenem Auftritt beim Newport Folk Festival im Jahr 1965 kulminiert, bei dem Dylan sich die elektrische Gitarre umschnallte. Dylan-Fanatiker haben dem Film einige Ungenauigkeiten vorgeworfen, aber bitte: Es ist nun einmal kein Dokumentar-, sondern ein Spielfilm, der auch von der Verdichtung der Ereignisse lebt.
Als relativ konventionell erzähltes Biopic macht „Like a Complete Unknown“ seine Sache sehr ordentlich und besitzt den unbedingten Pluspunkt, dass die verschiedenen Darsteller:innen – und in erster Linie natürlich Timothée Chalamet als Dylan – die Musik sehr überzeugend selbst eingespielt haben (Don’t Look Back, OmU, 4. 4., 23.59 Uhr, Babylon Mitte, „Like a Complete Unknown“, div. Kinos, div. Uhrzeiten).
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Bis zum 1.2. 2026 zeigt das Filmmuseum Potsdam unter dem Titel „How to Catch a Nazi“ eine Sonderausstellung über die Jagd nach dem Naziverbrecher Adolf Eichmann, den der israelische Geheimdienst 1960 in Argentinien festnahm und schließlich nach Israel überstellte.
Der öffentlichkeitswirksame Prozess gegen Eichmann machte dann noch einmal das ungeheure Ausmass der Verbrechen deutlich, welche die deutsche Nazi-Regierung im Rahmen der von ihr sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ während des Zweiten Weltkriegs begangen hatte.
Begleitend zur Ausstellung wird der Spielfilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ gezeigt, der insbesondere auch die Mitwirkung des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer an der Ergreifung Eichmanns beleuchtet und sein gespanntes Verhältnis zu Politik und staatlichen Institutionen in der Bundesrepublik der Adenauer-Ära. Im Anschluss an die Filmvorführung gibt es ein Gespräch von Regisseur Lars Kraume und Hauptdarsteller Burkhart Klaußner mit dem Filmjournalisten Knut Elstermann (3.4., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
Kurz- und Fernsehfilme mitgerechnet ist „Spielerinnen“ von Aysun Bademsoy („Spuren“) der mittlerweile vierte Teil einer bis Mitte der 90er-Jahre zurückreichenden dokumentarischen Langzeitbeobachtung von deutsch-türkischen Fußballspielerinnen in Berlin-Kreuzberg.
Mittlerweile in der Töchtergeneration angekommen, stellt der Film unaufdringlich, aber beharrlich Fragen zu Themen wie Identität und Emanzipation sowie zur Akzeptanz (oder eben der Nicht-Akzeptanz) von Migrant:innen in unserer Gesellschaft. Zu sehen ist „Spielerinnen“ im Rahmen der 21. Ausgabe des Festivals achtung berlin, das noch bis zum 9. April im Babylon Mitte läuft (6.4., 15 Uhr).
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