: Wieder ein Fehler, den der Zeitgeist diktiert –betr.: „Eingerichtet im Katastrophenbunker“, taz vom 17./18.10.98
Wieder ein Fehler, den der Zeitgeist diktiert: „Gut, das ist das Stück Brot, aber wo ist der Brotlaib“, höre „man“, nach Mariam Lau, Brecht/Weill „donnern“. Hört „man“ eben nicht und schon gar nicht „donnern“, denn Brechts Lied vom Flicken und vom Rock komponierte nicht Kurt Weill, sondern Hanns Eisler.
Brecht schrieb es 1931 für sein Lehrstück „Die Mutter“. Der Titel lautete zunächst „Verurteilung des Reformismus“ und war auf die Politik der SPD gemünzt, die, wie Brecht an anderer Stelle formuliert, glaubt, „daß den Armen geholfen wird, indem dem Kapitalismus geholfen wird“. Das Lied, das übrigens von weit mehr als dem Brotlaib handelt, schließt: „Gut, das ist, was wir brauchen / Aber was / Bietet ihr uns an?“
Die lässig unterlaufene Verwechslung Kurt Weills mit Hanns Eisler erhellt für diesen einen Moment das ganze Ausmaß der Verdrängungen, die „man“ inzwischen benötigt, um grüne „Real“-Politik nicht als das zu erkennen, was sie real ist, vielleicht immer schon war: grüner Tapetenwechsel im Katastrophenbunker. Jens Knorr
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