: Wieder Stammheim
■ Zum Urteil gegen Haule-Frimpong und andere
Wieder ein Stammheim-Verfahren, wieder Haftstrafen in enormer Höhe, ohne daß auch nur halbwegs überzeugend konkrete Taten nachgewiesen werden konnten - Routine im Rechts-Staat BRD. Routine wie hierzulande auch die Isolationshaft, jahrelange Untersuchungshaft, die Inhaftierung Schwerverletzter, Todesschüsse durch Polizisten und „Selbstmorde“ im Knast. Die Öffentlichkeit, auch die „kritische“ hat sich an die dauerhafte Verletzung von Menschenrechten hierzulande gewöhnt, nimmt sie gar nicht (mehr) als solche wahr - sie finden schließlich weitab vom eigenen Leben, irgendwo zwischen den Hochsicherheitstrakten, der Tagesschau und den Staatsschutzsenaten statt. Von Flensburg bis Oberammergau dagegen ist die BRD ein demokratisch verfaßter Rechtsstaat - allerdings nur, solange der Generalbundesanwalt es will.
Rebmann, der im Deutschen Herbst die Ermordung von RAF -Gefangenen vorgeschlagen hat, ist nämlich, wie sich auch im Verfahren gegen Haule-Frimpong, Hornstein und Kluth gezeigt hat, keineswegs „nur“ oberster Ankläger der Republik. Ob er nun vom Bundestag die Einführung neuer Gesetze (z.B. die Kronzeugenregelung) fordert oder den Staatsschutzkammern der Gerichte seine noch während des Verfahrens nach Belieben modifizierten Anklageschriften vorlegt: Er bekommt seinen Willen. Das Gesetz kommt vielleicht ein bißchen später als gedacht, die Richter weichen im Strafmaß ein paar Jahre nach unten ab. Das ändert nichts am Prinzip: Der Generalbundesanwalt hat die Richtlinienkompetenz in Staatsschutzangelegenheiten. Und benannt hat ihn noch die sozialliberale Koalition.
Oliver Tolmein
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen