Wieder Jagd nach Cromme–Tonband

■ Staatsanwaltschaft durchsucht Wohnung eines grünen Politikers nach dem Mitschnitt des von der taz veröffentlichten Telefongespräches Cromme - Kriwet / 55 Tonbänder und 27 Disketten mitgenommen

Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Beamte der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft und der Polizei haben am Montag morgen die Wohnung des grünen Politikers Bernd Bruns in Düsseldorf durchsucht und dabei 55 Tonbänder und 27 Disketten mitgenommen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Bruns, „mittels einer Abhöranlage Funktelefongespräche des Vorsitzenden des Vorstands der Krupp–Stahl AG, Dr. Cromme, abgehört und auf Tonbänder mitgeschnitten zu haben“. Die taz hatte am 9.4. Ausschnitte aus dem Gespräch zwischen Cromme und Thyssen–Vorstand Kriwet im Wortlaut veröffentlicht. Bruns, der für die Grünen im Polizeibeirat der Landeshauptstadt sitzt, bezeichnete die Verdächtigungen gegenüber der taz als „absurd“. Besonders empört zeigte sich Bruns darüber, daß auch die Aufzeichnungskassette seines Anrufbeantworters mitgenommen wurde, „was der illegalen Telefonabhörung gleichkommt“. Bei den eingezogenen Tonbändern handele es sich sowohl um gewöhnliche Musikkassetten als auch um Mitschnitte von grünen Versammlungen, die er zur Protokollanfertigung aufgenommen habe. Nach Darstellung von Bruns drangen die Beamten nach einmaligem Klingeln gegen 8 Uhr 30 in seine Wohnung ein und „standen plötzlich bei meiner Frau im Schlafzimmer“. Bruns selbst befand sich auf Arbeit. Die Beamten hatten die Scheibe der hauseigenen Alarmanlage zerschlagen und sich mit dem Notschlüssel Zugang zur Wohnung verschafft. Eine offizielle Stellungnahme der Staatsanwaltschaft war am Montag nicht zu bekommen, aber es scheint sicher, daß Bruns wegen seiner „funktechnischen Vergangenheit“ ins Visier der tappenden Fahnder geriet. Nach eigener Darstellung ist Elektriker Bruns „früher“ einmal in einem Verfahren wegen Abhörens des Polizeifunks verurteilt worden. Am 27.4. hatten die Fahnder schon die Wohnung des Rheinhausener Krupp– Betriebsrates Theo Steegmann durchsucht und 153 Tonbänder mitgehen lassen - nach Aussagen des Betroffenen „Rockmusik von BAP bis zu den Toten Hosen“. Laut Staatsanwaltschaft sollen Theo Steegmann und der damals ebenfalls durchsuchte Pfarrer Dieter Kelp „versucht haben“, das Tonband zwei SPD–Bundestagsabgeordneten vorzuspielen.