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Wie ich katholisch wurde

 ■ K I R C H E G A N Z J U N G

Dieser Beitrag wurde zum letzten Kirchentag von einem jungen Konvertierten dem 'Paderborner Bistumsblatt‘ zugeschickt - und fiel raus.

Ich war 15; ich war evangelisch. Freundin hatte ich keine und ganz, ganz viel Liebe im Herzen, und mein Glaube hatte mir gesagt, daß diese LiebeGott gehört - also schenkte ich sie Gott: jeden Sonntag. Doch irgend etwas stimmte nicht. Es war langweilig. Immer die gleichen Leute, immer die gleichen Lieder, und dabei hatte ich doch soviel Liebe. Viel in die Kollekte tun konnte ich nicht, denn dafür reichte das Taschengeld nicht. Doch das Gefühl mußte raus, die Liebe mußte Form annehmen. Ich dichtete:

Gott,/ Strebend zu Dir/ möchte ich steigen/ doch die Glaskugel Welt läßt mich/ Dich/ sehen aber nicht zu/ Dir/ gelangen.

In der Schule kamen wir gerade zur Textanalyse, weswegen ich mich entschied, Gott diese Gedichte nicht vorzulegen. Dann nahm eine Freundin mich mit in ihre Kirche. Ich wußte: So sieht Gott aus. Hoch, gotisch, bunt, weihrauchschwanger, festgewandet, singend, Kommunion ohne Unterlaß, Gottesdienst, Messe fast rund um die Uhr, so oft man will. So sank ich hin, auf die Knie vor Gott, dem Gott mit der richtigen, der heiligen Organisation, ich sank hin und betete und sang - immer ein, zwei Sekunden später als die anderen; ich mußte ja immer nachklappern. Erbauliche Bücher halfen mir, daß das bald nicht mehr so war. Bei der Kommunion war ich immer der erste - zwei-, dreimal am Sonntag. Bei jeder Prozession ganz vorn dabei, am lautesten singend, reichte auch das bald nicht mehr. Unterm himmlischen Kreuz entschloß ich mich, nun müßte ich richtig katholisch werden. Am nächsten Morgen ging ich zum Gemeindepriester S.J. Der war erst mal sauer, denn er kannte mich schon, wußte aber nicht, daß ich Lutherischer Ungläubiger war; und hatte ich doch als solcher seine Prozessionsfahne geküßt, seinen Leib Christi verspeist, hungriger denn alle anderen. Aber Pater S.J. sah meine echte Reue und Zerknirschtheit, sah meinenrechten Glauben, so war es gut. Alle Frauen seien unrein, mit Ausnahme Mariens natürlich, erfuhr ich abends im wohlriechenden Pfarrhaus von dem braungebrannten, kräftig-jungen ehemaligen Missionar und, daß junge Christen rein sein müßten und immer gewaschen, und ob ich denn baden wolle, im Pfarrhaus. Nach dem Bade trocknete er meinen Leib und fragte nach Onanie. Ich wußte nicht, was das war, und er zeigte mir, was Jungen nicht dürfen. Von da an badete ich oft im Pfarrhaus, und S.J. führte mich in die verfeinerten Techniken ein, gottgefällig zu sein. Ich war schon fast katholisch, da geschah es: Gabi kam auf unsere Schule, wir verliebten uns. Nicht nur, daß es mit meiner Priesterkarriere vorbei war, ich wollte nun lieber mit Gabi schwimmen denn mit S.J. baden. Der Priester sagte mir, daß es schlecht um meine Seele stünde, wenn ich mit Gabi ins Sommerlager der „Falken“ führe. Ich fuhr trotzdem. Dort habe ich erfahren, was Lenin über die Kirche sagt und daß Homos Schweine sind ich finde das recht interessant. Darauf angesprochen, hat S.J. mich aus dem Pfarrhaus geworfen und gesagt, ich dürfe nie mehr baden.

Zwölf Tage später kam der Brief vom Erzbischofsamt, daß ich nicht zum Katholiken tauge. Gabi und der Gruppenleiter der Sozialistischen Jugend finden das gut.

Fransz

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