Wie hetero ist die CDU?

■ Gespräch mit dem Junge-Union-Chef

taz: Herr André Chahoud, was sagen Sie als Vorsitzender der Jungen Union in Nordrhein-Westfalen dazu, daß der offen schwule CDU-Stadtratskandidat Gero Furchheim vom Parteischiedsgericht in Krefeld aufgrund seiner Homosexualität von der Liste geschaßt wurde?

André Chahoud: Das ist ein eindeutiger Skandal. Gott sei Dank, und das ist das Schöne daran, ist er lokal begrenzbar und bleibt ohne rechtskräftige Wirkung. Kommunalpolitisch wird das Ganze natürlich heiß diskutiert. Wichtig ist, daß es keine einzige Gremienentscheidung gegen Gero Furchheim gegeben hat. Das waren dreizehn einzelne Personen, die von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, diese Wahl anzufechten. Und das erste Urteil des CDU-Schiedsgerichts Neuss hat die Wahl Furchheims zum Stadtratskandidaten bestätigt. Erst nach der Anfechtung dieses Urteils aus formalen Gründen wurde das Gericht in Krefeld beauftragt. Entgegen allen Erwartungen wurde dort dann anders entschieden. Da wurde Gero Furchheim auch gefragt, was er denn in der CDU wolle, ob er bei den Freidemokraten nicht besser aufgehoben sei. Dieses Verfahren war aus meiner Sicht nicht nur unzulässig, sondern auch moralisch fragwürdig.

Wird der Skandal denn Konsequenzen in der CDU haben?

Natürlich genießt Gero Furchheim die volle Unterstützung der CDU, des CDU-Generalsekretärs Peter Hintze und seines nordrhein- westfälischen Kollegen Herbert Reul. Gero Furchheim wird jetzt Berufung gegen dieses Urteil einlegen, in zweiter Instanz wird dann also das Landgericht entscheiden. Ich bin felsenfest davon überzeugt, daß in spätestens zwei Wochen das Thema vom Tisch ist.

Was halten Sie von dem Argument der Furchheim-Gegner, Homosexualität verstoße gegen das christliche Sittengesetz? Anders gefragt: Verträgt sich Homosexualität mit der CDU?

Ja, natürlich. Wir sind eine breite Volkspartei. Homosexualität ist doch nichts, was in Deutschland versteckt in der letzten Ecke ausgelebt wird. Das gehört zum Menschen, zu unserer Gesellschaft dazu. Wir sind doch keine Partei, die sich nur aus monogam lebenden, heterosexuell verstehenden Menschen zusammensetzt. Diese dreizehn Personen, die Furchheim ausgeschlossen haben, sollten sich mal genauer das Grundsatzprogramm der CDU ansehen. Da steht ganz deutlich drin, daß es aufgrund von sexueller Orientierung keine Benachteiligung geben darf.

Wieso wird dann die im vergangenen Jahr gegründete „Schwule Union“ offiziell nicht anerkannt?

Das ist eine ganz andere Sache. Die sexuelle Orientierung darf doch kein Organisationsmerkmal sein. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht dagegen, die sollen sich treffen, über Dinge reden. Es ist ja niemand gegen diese Gruppierung, aber die dann auch noch offiziell anzuerkennen als Untergliederung der CDU, das kann nicht angehen. Interview: Kalle Gerber