Wie "grün" ist die Cebit?: Die Pseudo-Ökos der IT-Branche
Eines der Hauptthemen der diesjährigen Cebit ist umwelt- und klimafreundlichere Technik. Allerdings wird diesem Anspruch noch kaum ein Hersteller gerecht.
Wer in diesem Jahr über die Cebit in Hannover läuft, entkommt einer Farbe garantiert nicht: Irgendwie, so wirkt es, grünt es an allen Ecken. Der Grund: Eines der diesjährigen Hauptthemen der Veranstaltung ist die so genannte "Green-IT", die umwelt- und klimafreundliche Informationstechnik. Egal ob nun der heimische Multimedia-PC oder über das Internet genutzte Server: Moderne Rechner verbrauchen enorme Energiemengen. In Zeiten des Klimawandels ist es also dringend notwendig, dass sich auch in diesem Bereich etwas tut.
Hinzu kommt, dass die in Computern, Handys und anderen elektronischen Geräten verbaute Technologie keineswegs umweltfreundlich ist - weder in der Produktion noch in der später notwendigen Endlagerung. Trotz aller Rücknahmeverordnungen, die in den letzten Jahren in Kraft getreten sind, landet noch immer enorm viel E-Schrott auf Deponien und gefährdet somit die Umwelt. In China und anderen Entwicklungsregionen der Erde, in die dieser Müll exportiert wird, bedroht er zudem wortwörtlich die Lebensgrundlage der Menschen.
So klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. So trendy die vielen grünen Ecken auf der Cebit 2008 auch sind - noch tut sich bei den Herstellern viel zu wenig, kritisieren Experten. Wie eine passend zur Messe am Mittwoch vorgestellte Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace zeigt, erfüllen selbst die aktuellen Topgeräte in Sachen "E-Öko" zahlreiche Kriterien nicht. "Ein wirklich grünes Produkt können uns die Hersteller noch nicht präsentieren", sagt Ulrike Kallee, Chemieexpertin bei der Organisation. Immerhin gäbe es erste vielversprechende Ansätze, die Industrie befinde sich auf dem richtigen Weg.
Insbesondere im Hinblick auf so genanntes "grünes Design" lassen viele Produkte laut Kallee aber noch zu wünschen übrig. Nach wie vor produzierten viele Hersteller potenzielle Einwegprodukte. Bei denen sei dann etwa die Batterie teurer als das neue Gerät, was den Müllberg "in dieser Branche schneller als in jeder anderen" anwachsen ließe. Trotz der Fortschritte, die beim Energieverbrauch gemacht würden, werde zu wenig an die Zeit nach der Nutzung gedacht. "Green-IT ist mehr als nur sparsame Geräte. Die Hersteller müssen sich den gesamten Lebensweg ihrer Produkte vornehmen", meint die Greenpeace-Frau.
Die Umweltorganisation setzt sich bereits seit mehreren Jahren mittels Lobby-Arbeit und Umweltkampagnen bei den Herstellern für ein Ende der Verwendung giftiger Stoffe in ihrer Hardware ein. Das ist zwar mühsam, kann aber durchaus erste Erfolge vorweisen. So gehörte etwa die populäre Marke Apple oft zu den Kritisierten, weil sie problematische Dinge wie Schwermetalle, gefährliche Flammschutzmittel oder PVC verbaute - laut Ansicht Greenpeace länger, als das notwendig gewesen wäre. Die Kritik innerhalb der so genannten "Green My Apple"-Kampagne führte letztlich dazu, dass Firmenchef Steve Jobs einen offenen Brief an seine Kunden schrieb, in dem er ankündigte, man werde sich künftig ändern. Das wurde auch eingehalten: So werden etwa in Apples neuem "MacBook Air" sortenreine Materialien verbaut, was das Recycling deutlich erleichtert.
In der Greenpeace-Studie, die "Auf der Suche nach grüner Elektronik" heißt, lag allerdings nicht Apple vorn. Von den 14 untersuchten Firmen und ihren 37 eingereichten Geräten wurden besonders Sony und seine Mobilfunktochter Sony Ericsson gelobt. Rechentechnik wie der Laptop "Vaio TZ11" und die Handys "T650i" und "P1i" verzichteten bereits auf viele gefährliche Chemikalien, so Greenpeace. Laut der Organisation ausreichend ist das aber noch längst nicht: Die Hälfte der angelegten zehn Testmerkmale blieben auch hier unerfüllt. Am besten wäre es wohl, wenn sich der Käufer Einzelkomponenten zusammensuchen könnte: So sind Sony und Sony Ericsson bei bestimmten Chemikalien gut, während Dells Testgeräte energieeffizient daherkamen. Toshiba schnitt hingegen schlechter ab.
Der Markt bleibt also unübersichtlich. Greenpeace gibt deshalb der Rat, sich beim Neukauf genau zu informieren. Derzeit sei Elektronik jedoch noch zu sehr "grün angehaucht". Doch immerhin: Ein Anfang scheint gemacht.
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