■ Mit dem Hafenschlamm auf Du und Du
: Wie giftig ist Schlick? giftig? oder nicht?

Ob der Schlick, der jährlich aus dem Bremer Hafenbecken gebaggert wird, Abfall ist oder nicht, ist nach Ansicht des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jörg Kastendieck Definitionssache. Seit der Senat 1988 neue Richtlinien verabschiedet hat, wird das „Baggergut“aus Geröll und Schlamm als umweltgefährlicher Klärschlamm eingestuft und muß deponiert werden. Der Bremerhavener Schlick dagegen wird zum größten Teil in den Tiefen der Nordsee verklappt.

Das „Baggergut“aus dem Hamburger Hafen von jährlich zweieinhalb Millionen Kubikmetern wird in verschiedenen Deponien gelagert. Zur Zeit laufen Verhandlungen, so der dem Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Rainer Erbe, den Schlick in einem ehemaligen Salzstock in der Nähe von Stade zu lagern. Auch die Schadstoffbelastung der Elbe ist in den vergangenen Jahren weniger geworden. Der Hamburger Hafenschlick enthält jedoch deutlich mehr Sand und Chemikalien als der vom Bremer Hafengrund. Die Hamburger Behörden stellen die Deponielagerung des Schlicks zur Zeit jedoch noch nicht in Frage.

Kastendieck präsentierte jetzt neue Zahlen, wonach die Schwermetallbelastung im Bremer Hafenschlick im vergangenen Jahr ganz erheblich zurückgegangen ist. Im Vergleich zu den Werten von 1995 gab es 20 Prozent weniger Arsen, 28 Prozent weniger Zink, 18 Prozent weniger Cadmium, vier Prozent weniger Chrom und ein Prozent weniger Kupfer. Beim Nickel blieb die Belastung gleich. Einzig der Chrom-Wert stieg um vier Prozent an. Bemessungsgrundlage sind 120 Milligramm Schadstoff pro Kilogramm Trockenmasse. Woher er diese Aufstellung habe, wollte Kastendieck gestern allerdings nicht sagen.

Bei der Einordnung dieser Schadstoffwerte im Hafenschlick existieren nach Auskunft von Kurt Mersmann, dem Leiter der Abteilung Ingenieur- und Wasserbau beim Bremer Hafenamt, nur Orientierungswerte. Es gibt Richtwerte der Oslo-Helsinki-Konferenz. Daneben existieren Vorgaben der „BLABAH“, der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Baggergut Hafen. Vor kurzem wurde die EU-Richtlinie 75442 erlassen, die nach Auskunft von Staatsrat Gert Markus inzwischen deutlich verschärft wurde.

Für den grünen Hafenexperten Manfred Schramm gilt für den Bremer Hafenschlick jedoch nur ein einziges Gesetzeswerk: Die bundesweite Klärschlamm- und Abfallverordnung, deren Grenzwerte vom Bremer „Baggergut“eindeutig bei verschiedenen Schwermetallen überschritten werden.

Im gesamten Bundesgebiet fällt in den Häfen und den Binnenwasserstraßem die gigantische Menge von jährlich 50 Millionen Kubikmetern Schlick an. Das ist nahezu doppelt so viel wie alle Deutschen in demselben Zeitraum an Hausmüll produzieren. Die Schlick-Entsorgung kostet jährlich Milliardenbeträge. emv