Whopper direkt vor dem Netz

■ Mit dem ETV kämpft Zweitliga-Volleyballer Söhnke Hinz um den Klassen-erhalt. Ein Porträt des Zuspielers, der ans Karriereende denkt Von Erol Caner

Söhnke Hinz entspricht nicht gerade dem Idealtypus eines Volleyballspielers. Mit seiner Körpergröße von 1,81 Meter und seinem kleinen Rettungsring um die Hüften würde man ihn nicht unbedingt für einen Leistungssportler halten. Den Spitznamen Whopper, dem ihm seine Mitspieler verpaßt haben, trägt er jedenfalls nicht ganz zu Unrecht. Dennoch gilt der Zuspieler des Eimsbütteler TV (ETV) als einer der besten Zweitliga-Ak-teure auf seiner Position – und die ist in unmittelbarer Nähe des 2,43 Meter hohen Netzes: Er ist derjenige, der den Angreifern die Bälle zum Schmettern auflegt.

Angefangen mit dem Volleyball hat der 26jährige Lehramtsstudent für Sport und Chemie vor 13 Jahren. Der Vater arbeitete als Volleyball-Trainer im Schulbereich, Söhnke war somit „vorbelastet“ und ging schon als kleiner Junge häufig zu den Spielen mit: „Es war nur folgerichtig, daß ich irgendwann angefangen habe.“ Mit 13 trat er der Volleyball-Abteilung des ETV bei, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. „Trotzdem wurde bereits eine intensive Jugendarbeit betrieben.“

Mit seiner damaligen Jugendmannschaft feierte Hinz 1984 die erste Hamburger Meisterschaft und wurde in die Jugendauswahl der Hansestadt berufen – als Zuspieler. „Schon damals zeigte sich, daß ich relativ talentiert war“, doch auch, daß er wegen der fehlenden Zentimeter nie ein guter Angreifer werden würde. „Ich sah meine Zukunft deshalb direkt unter dem Netz.“ Joachim Müller, der die ETV-Männer seit Saisonbeginn trainiert, kann dies nur bestätigen: „Söhnke hat viel Ballgefühl und kann seine Mitspieler gut in Szene setzen.“ Allerdings weiß der Trainer auch, wo die Grenzen für den Mann mit den „exzellenten Händen“ liegen. Im modernen Volleyball müsse der Steller eigentlich auch ein starker Blockspieler sein, doch das könne Söhnke nicht leisten: „Das weiß er auch.“

Ambitionen auf Höheres hegt Söhnke Hinz auch deshalb nicht: „Von unserer Truppe könnte keiner in der ersten Liga spielen. Ich weiß auch nicht, ob das anzustreben ist.“ Oder zu schaffen, in einer Stadt, die ohnehin für professionellen Volleyball seit Jahren kein gutes Pflaster mehr ist. Außerdem, so Hinz, würde Erstliga-Volleyball gar nicht zur Struktur des ETV passen. Im mit fast 9 000 Mitgliedern zweitgrößten Hamburger Sportverein wird der Breitensport groß geschrieben. Dennoch scheint Hinz nur für den Volleyball zu leben: Er ist nicht nur aktiver Spieler, sondern auch Trainer der dritten Männer und seit fünf Jahren Abteilungs-Vorsitzender. „Ich verbringe über 20 Stunden pro Woche nur mit Volleyball.“ Doch nach dieser Saison wird er möglicherweise seine aktive Laufbahn beenden, das Examen steht an. Vielleicht will er auch noch zwei oder drei Jahre als Trainer arbeiten. Sein Coach sieht dessen derzeitiges Engagement mit gemischten Gefühlen: „Es kann nicht sein, daß einige Spieler mehr mit Organisation als mit Training beschäftigt sind.“

Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum es für den ETV in dieser Saison nicht so gut läuft. Nach einem sechsten Rang in der vorigen Serie steht der ETV im dritten Zweitliga-Jahr zur Zeit nur auf dem neunten Tabellenplatz – der Abstieg droht. „Der Ausfall unseres Kapitäns ist nur sehr schwer wegzustecken“, führt Hinz ins Feld. Diagonalspieler Andreas Gloy steht wegen seiner lädierten Bandscheibe noch mindestens drei Monate nicht zur Verfügung. Zusammen mit Hinz („Wir spielen schon seit 13 Jahren ununterbrochen in derselben Mannschaft“) ist er der einzig verbliebene Gründungsvater der Büttels, wie sich die ETV-Männer nennen.

Das ist fast das einzig Kontinuierliche. In den beiden letzten Jahren sind sieben Spieler gegangen. Demgegenüber stehen ebensoviele Neuverpflichtungen, überwiegend junge Talente, die noch Zeit brauchen, um sich an das Zweitliga-Niveau zu gewöhnen. „Deshalb sind wir auch noch nicht so gut eingespielt“, meint Hinz. Trainer Joachim Müller ist dennoch zuversichtlich, was den Klassenerhalt angeht. Man habe bislang nur zwei „unerwartete Niederlagen“ kassiert. In den restlichen 13 Spielen müßten vier oder fünf Siege reichen. Söhnke Hinz würde sich freuen, es gibt Schöneres als einen Abstieg zum Abschluß der Karriere.

Am Sonntag spielt der ETV um 15 Uhr im letzten Heimspiel des Jahres gegen den VBC Paderborn (Gustav-Falke-Straße 21).