"Whitewashing" aus Verkaufsgründen: Schwarze Romanfigur auf Cover weiß
Die Protagonistin des Thrillers "Liar" ist schwarz. Der Buchcover in den USA zeigt aber ein weißes Mädchen. Nun rudert der Verlag zurück - nach massiven Protesten.
Ob die Hand beim Stöbern im Buchladen ins Regal greift, entscheidet oft das Cover. Die Vorderseite von Justine Larbalestiers Thriller "Liar" zeigt in den USA ein langhaariges Mädchen mit weißer Hautfarbe. Das Buch aber handelt von einem schwarzen Mädchen mit kurzen Haaren namens Micah. In Larbalestiers Heimat Australien erschien das Werk gleich ganz ohne ein Gesicht.
Warum wird eine schwarze Hauptfigur auf dem US-Cover als eine Weiße dargestellt? Auch die Autorin kann und will das nicht verstehen. Larbalestier erklärte, dass das amerikanische Cover die Protagonistin weniger glaubwürdig mache. Viele Internetkommentare in Blogs gaben ihr Recht.
Jetzt ist der Verlag Bloomsbury eingeknickt: Im Oktober wird eine neue Ausgabe erscheinen - diesmal mit einem schwarzen Mädchen auf der Vorderseite.
Larbalestier betont, dass dies kein Einzelfall sei: Viele Verleger würden denken, dass Cover mit schwarzen Personen sich nicht gut verkaufen. Die Schriftstellerin umschreibt den benutzten Vorgang als "whitewashing". Die angeblich schlechteren Verkaufszahlen von Büchern mit schwarzen Figuren führt Larbalestier auf mangelnde Vermarktung zurück.
Das US-Cover von "Liar" versucht die Protagonistin komplex und geheimnisvoll darzustellen. Doch das Bild reflektiert nicht das eigentliche Buch und verleugnet durch die falsche Hautfarbe einen Teil von Micahs Identität. Der Fall zeigt, dass Schriftsteller im Bezug auf das Image ihrer Bücher wenig Mitspracherecht haben, obwohl das Cover häufig bestimmt, ob Leser ein Buch kaufen. Der visuelle Eindruck beeinflusst außerdem das Lesen selbst. Denn wenn man einmal eine Person gesehen hat, ist es schwer, diese wieder auszublenden.
Larbalestier schreibt in ihrem Blog, dass sie nie das Gesicht eines Mädchens auf dem Cover gewollt habe, weil Leser sich sonst keine eigenen Gedanken machen könnten. Trotz der Abbildung stimme sie das neue Cover aber glücklich. Die Schriftstellerin selbst stelle sich ihre Buchheldin jedoch eher wie die amerikanische Basketballspielerin Alana Beard vor.
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