What's hot, what's not: Wahlen
■ Blonder Hans, BMW, ein Baby und Waffles from Bremen: Geschmack in und um Hollywood sowie eine Frage, die als Scherz gemeint ist, was natürlich alsbald klargestellt wird, liebe Leser
Die Wahlen in Sachsen-Anhalt haben uns Hollywood-Reporter in einen anhaltenden Zustand größter Verwirrung gestürzt. Dürfen wir in unserem Bett unter Palmen beim Aufwachen noch „Guten Morgen“ oder müssen wir schon wieder „Heil Hitler!“ sagen?
Das sogenannte „Dritte Reich“ ist in den Witzen vital, die Hollywood über deutsche Nazis reißt. Das Auslaufen der Comedy-Serie „Seinfeld“ würdigten renommierte US-Magazine mit Extraausgaben.
Der Hauptdarsteller war und ist Jude und riß gern politisch unkorrekte Naziwitze, die vom begeisterten Publikum für den Alltagsgebrauch adaptiert wurden. Nicht Seinfeld allein. Die Schauspielerin Jennifer Aniston ist griechischer Abstammung. In ihrem neuen Film „Picture Perfect“ zeigt sie sich zu Recht darüber erbost, daß sie vom Boß bei Beförderungen wegen ihres bescheidenen Lebensstils systematisch übergangen wird.
Merke: Der Firma treu ist nur, wer Schulden hat, die abbezahlt werden müssen. „Nur weil ich kein überteuertes Nazi-Auto fahre, versauere ich als Assistentin!“
Das Hollywood-Kino, insbesondere das Action-Kino, ist voller mieser blonder Deutscher, die entweder Nazis, bei der Staatssicherheit („Die Hard“) oder mindestens Nihilisten („The Big Lebowski“) sind. Flankiert werden die Burschen hin und wieder von Terroristen aus Nahost. Ist das Satire oder schon Rassismus?
Die Frage, liebe Leser, war als Scherz gemeint, was ich hier lieber explizit klarstelle, bevor man mich verhaut. Rassismus ist ja überall. Derzeit am populärsten und weitesten verbreitet ist der West-Ost-Rassismus, der sich als einer der westdeutschen Befreier gegenüber den ostdeutschen Befreiten darstellt, zumindest in Deutschland. Aber so weit ist Hollywood in seiner abgrundtiefen Autoreferentialität noch nicht. Der Deutsche, dieses Bild transportiert das Filmbusineß, ist demokratisch wenig belastbar. Deswegen nutzt die Regie Deutschland wohl auch so gern als Metapher tiefster „weirdness“.
Joel und Ethan Coen lassen die fast-faschistischen Frühstücks- Deutschen in ihrem „Big Lebowski“ von Bremer Eierkuchen schwärmen, nicht etwa, weil es in Bremen so besonders delikate gäbe. Die Coens waren nie in Bremen, um das zu überprüfen, aber „Bremen“ habe in ihren Ohren so schön abartig geklungen.
Wir wollen da auch gar nicht erst hin, genügsam, wie wir sind. Das Gesicht der Schauspielerin und Estée-Lauder-Repräsentantin Elizabeth Hurley wird täglich von mehr Frauen gesehen als das der Mona Lisa, der Freiheitsstatue oder die Skyline von Bremen. Innerhalb der popeligen 5,6 Quadratmeilen, die Beverly Hills einnimmt, haben sich 77 Schönheitschirurgen, 44 Hautärzte und 98 Schönheitssalons (Friseure, Kosmetikinstitute) niedergelassen.
Erschlagen von so viel autoreferentiellem Glanz ermüden wir schlagartig in unserem Bestreben, eine Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen, und vermelden nur noch, daß Ethan Hawke („Great Expectations“) und Uma Thurmann – inzwischen sichtbar schwanger – geheiratet haben.
Noch erstaunlicher in seiner grenzenlosen Unschuld ist allerdings das auserwählte Vorhaben des Regisseurs Gus Van Sant (unter anderem „To die for“), ein Remake von Hitchcocks „Psycho“ zu drehen.
Nicole – der Berliner sagt „Nikolle“ – Kidman soll den Part von Janet Leigh übernehmen, Vince Vaughn den von Anthony Perkins. Das Projekt unterliegt – wie Stanley Kubricks neuer Film und George Lucas' nächster „Star Wars“ – der strikten Kommentarsperre, auch seitens Anke Westphal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen