■ Wettstreit der Sicherheitssysteme: Halali am Ku'damm
Als der Regierende Bürgermeister zu Beginn der Legislaturperiode von seiner Stadt als dem „Unternehmen Berlin“ sprach, ahnte noch niemand, wie tief diese privatwirtschaftliche Philosophie gedacht war. Ein vorläufiger Reifepunkt der Konzeption kann nun auf dem Kurfürstendamm besichtigt werden. Dort befindet sich bereits seit Samstag die „Operative Gruppe City West“ im, wie ihr Leiter, Kriminalhauptkommissar Jürgen Gustavus, versichert, „permanenten Einsatz“. Gegen die 20 Männer und zwei Frauen der Truppe werden ab heute sechs uniformierte Doppelstreifen des privaten Wachschutzunternehmens CMM antreten. Das abgesteckte Terrain zwischen Wittenbergplatz und Leibnizstraße garantiert ideale Bedingungen für den großangelegten Feldversuch. Dort werden wir in den nächsten Monaten einem bislang beispiellosen Wettbewerb der Sicherheitsapparate beiwohnen können. Dem versuchte im letzten Moment die Polizeigewerkschaft auf dem Wege der Verfassungsklage zu entgehen, doch die „City-Cops“ um Gustavus haben mit ihrer Einsatzbereitschaft dieser Leistungsfeindlichkeit ihrer Funktionäre eine klare Absage erteilt. Während Innensenator Heckelmann das polizeiliche Gegenüber ursprünglich auf Hütchenspieler beschränken wollte, hat nun die mitveranstaltende AG City, wohl aus Gründen der Chancengleichheit, das Verfolgtenfeld um „Bettelei, Kriminalität, Drogenhandel, Obdachlosigkeit, Verschmutzung“ ausgeweitet. Begleitet wird die Konkurrenz von den wachen Augen all jener Medien, denen die Massivität der Präsenz der Sicherheitsorgane immer ein untrüglicher Beleg für die Schwere der jeweils geahndeten Delikte war. Sollte diese ultimative Leistungsschau innerer Sicherheit in einem ersten Durchgang pari pari enden, kann sicher mit einem packenden Finish bei der Asylantenhatz gerechnet werden – immer dem von der AG City vorgegebenen „Ziel dieser gemeinsamen Aktion“ verpflichtet, den Ku'damm „als Bummel-Boulevard attraktiv zu gestalten“. Dieter Rulff
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