Wetten, kein EM-Interesse: Am Arsch vorbei
Tour de Franceaus paris Harriet Wolff
Eigentlich sollte sich meine letzte Kolumne aus Kickerland um Reinhard Grindel drehen, den nicht mehr ganz so neuen und überhaupt ein wenig ältlich wirkenden, aber noch gar nicht so alten DFB-Präsidenten. Das Schicksal hatte uns zu Beginn der EM an der alkoholischen Tränke des noblen Hotel Royal in Evian-les Bains zusammengeführt – dem Ort, wo La Mannschaft, wenn sie sich in Maßen kreativ bei einem Match durchgewurstelt hat, einen Tag freikriegt von Jogi Löw. Grindel hatte damals von seiner Suite geschwärmt, „nicht so groß wie beim Pokalfinale, aber immerhin“. Ein Mann von Welt also, doch in Paris trennten sich unsere Wege, und über die Größe der dortigen Grindel-Suite kann ich leider nichts berichten.
Dafür aber Definitives aus dem Café Le Diplomate im 16. Arrondissement der Hauptstadt. Auch dort liebt man, wie überall in Frankreich, das Wetten, und so ist das Café ein Stützpunkt der PMU, des weltweit zweitgrößten Pferdewettenanbieters, der pro Jahr rund 10 Milliarden Euro umsetzt. Die Betonung liegt hier auf dem Wort Pferd. Für den Ausgang des Brexits interessiert sich im Le Diplomate anscheinend keiner, wetten konnte man nicht darauf. Der Boden ist übersät von zerknüllten Wettcoupons, und der Pastis am Tresen kostet nur 2,50 Euro.
Auch die EM kümmert hier niemanden, keiner der Bildschirme reflektiert das Ballgeschehen. Gerade hat der Hengst Bad Boy du Dollar es verkackt beim Prix du cheval français, den der Reitsportsender Equidia überträgt, und ein Pappschild zeigt an, dass vor Ort letzten Monat 167.242 Euro gewonnen wurden. Schließlich dann doch noch ein Statement der vietnamesischen Tresenkraft zum EU-Adieu der Briten: „Die haben verstanden. Wir sollten uns auch vom Acker machen in Brüssel. Zu teuer die ganze Chose.“
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