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Wetten, daß?

 ■ S T A N D B I L D

(Sa., 8.4., ZDF, 20.15 Uhr) Ganz schön rein legte Wolf Biermann Thomas Gottschalk, als er in dessen Sendung Wetten, daß am vergangenen Samstag abend das bei der Probe am Freitag in der Saarbrücker Stadthalle durchgespielte Versprechen, er werde, verliere er die von ihm gehaltene Wette, daß zwei junge um die Augen verbundene Burschen am Knall der Korken fünf verschiedene Marken Schaumweins zu erraten vermöchten, den von den Elbeanrainern Tschechei, Zone und BRD verdreckten Strand zwischen Altona und Teufelsbrück säubern, brach.

Statt dessen sagte Wolf Biermann, er wolle, gehe er mit seinem mentalen Engagement für die beiden Schaumweinidentifikateure baden, ab sofort den Hungerstreik der RAF-Gefangenen durch persönliches Mithungern unterstützen.

In das nach dieser Erklärung des Künstlers und Kommunisten völlig aufgebrachte Publikum hinein rief Biermann, immer wieder unterbrochen von „Kommunistensau“, „Terrorist“, „Laß die doch verrecken“ und „Für so was zahlen wir Gebühren“: Ich bin Jude und Kommunist und ein Feind dieses Staates, und was seid ihr? Ein verderbter ahumaner, seelenloser Scheißhaufen seid ihr, und keiner von euch Spitzbübinnen und Spitzbuben saß je im Iso-Knast, geschweige fünfzehn Jahre und aus anderen Gründen denn stockbesoffener Vorfahrtsverletzung wegen.

Während Biermann wie in seinen besten revolutionären Zeiten tobte, sagte Gottschalk, aschgrau im Antlitz und an das ebenfalls bei der Probe abgesprochene „Du, Wolf“ sich nicht erinnernd: Herr Biermann, so haben wir aber nicht gewettet, ich habe bestimmt nichts gegen Politik, ich kenne zum Beispiel Herrn Genscher ganz gut, aber so etwas gehört nicht in eine Samstagabendfamiliensendung. Worauf Biermann zornrot schrie: Du Arschloch in Klamotten, was verstehst denn du von Klassenkampf und Tod?

Kurz darauf stürmte ZDF-Ordnungspersonal die Bühne, trat in die Weichteile der Gitarre des Künstlers und Kommunisten und führte den sich heftigst Sträubenden zum Abschminken in die Maske.

Horst Tomayer

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