„Westfälische Rundschau“: Noch ein Trauerfall
Der WAZ-Konzern schließt die Redaktion der „Westfälischen Rundschau“, rund 120 Mitarbeiter sind betroffen. Die Tageszeitung soll aber weiterhin erscheinen.
Die Zeitung stirbt, der Name bleibt. Die Westfälische Rundschau (WR) wird künftig nur noch als Mogelpackung an ihre Abonnenten geliefert. Auf einer Mitarbeiterversammlung kündigte die Geschäftsführung der WAZ Mediengruppe die Schließung der bisherigen Redaktion an. Erscheinen soll die traditionsreiche Tageszeitung jedoch weiter, zumindest irgendwie.
Gegründet 1946 als Nachfolgerin des von den Nazis verbotenen Dortmunder General-Anzeigers, hat die WR ihr Verbreitungsgebiet im südlichen Westfalen sowie im östlichen Ruhrgebiet. Derzeit verkauft sie noch täglich 115.000 Exemplare. Laut Verlagsangaben soll die Zeitung „seit vielen Jahren Verluste in Millionenhöhe“ einfahren, die Rede ist von 50 Millionen Euro.
Von der angekündigten Stellenstreichung betroffen sind 120 Mitarbeiter. „Wir wissen, dass das für die Betroffenen sehr hart ist, aber wir sehen im Interesse des gesamten Unternehmens leider keine andere Möglichkeit“, sagte WAZ-Geschäftsführer Manfred Braun. Erst im Dezember wurde der bestehende Sozialplan für die vier NRW-Zeitungstitel – WAZ, NRZ, Westfalenpost und WR – bis 2014 verlängert.
„Unser Ziel ist es, die Westfälische Rundschau zu erhalten und damit die Medienvielfalt in dem Verbreitungsgebiet sicherzustellen“, heißt es in einer Mitteilung. Allerdings hat der Konzern offenbar eine ganz eigene Vorstellung von „Medienvielfalt“.
Während die Artikel im Mantelteil des Blattes vom Content-Desk der WAZ Mediengruppe geliefert werden sollen, kommen die jeweiligen Lokalteile ab Februar von der konservativen Konkurrenz: von der WAZ-eigenen Westfalenpost sowie von den Ruhr Nachrichten aus dem Medienhaus Lensing, vom Hellweger Anzeiger der Graphischen Betriebe F. W. Rubens KG und vom Märkischen Zeitungsverlag, der zur Verlagsgruppe Ippen gehört.
„Das ist ein weiterer schmerzhafter Einschnitt in die Zeitungslandschaft“, sagte der nordrhein-westfälische dju-Vorsitzende Frank Biermann. Scharf kritisierte der Journalistengewerkschafter, dass die WAZ-Geschäftsführung ihre Entscheidung „vorbei an den Betriebsräten und wohl auch an der Chefredaktion“ gefällt habe. Die Redaktion reagierte geschockt. Chefredakteur Malte Hinz soll geweint haben, berichten Teilnehmer der Mitarbeiterversammlung.
Heftige Kritik kommt auch von der SPD-eigenen Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg), die eine Minderheitsbeteiligung von 13,1 Prozent an der WR hält. Die von der WAZ ergriffenen Maßnahmen hätten der Zustimmung der ddvg bedurft, „die wir jedoch nicht erteilt haben“, heißt es in einer Erklärung. Die ddvg prüfe rechtliche Schritte. Das Vertrauensverhältnis zum Mehrheitsgesellschafter sei zerrüttet. „Die Entscheidung der WAZ ist nicht plausibel nachvollziehbar und erweckt den Eindruck einer seelenlosen Redaktionsklempnerei“, sagte SPD-Bundesschatzmeisterin Barbara Hendricks.
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