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Westerwelle und Niebel in LibyenDeutschland erkennt Rebellenrat an

Deutschland will dem Übergangsrat in Libyen Geld für Medikamente und Nothilfe zur Verfügung stellen. Unterdessen rücken die Aufständischen nah an die Mittelmeerstadt Slitan heran.

Außenminister Guido Westerwelle begrüßt einen Jungen in traditioneller Kleidung bei seinem Besuch in Bengasi. Bild: reuters

BERLIN/MISURATA dapd | Bei einem Blitzbesuch in der libyschen Rebellenhochburg Bengasi hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Rebellen als legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkannt. Darüber hinaus will die Bundesregierung humanitäre Hilfe leisten. Dabei geht es um medizinische Hilfsgüter für Krankenhäuser in Bengasi, Misurata und in den Nafusa-Bergen. Bisher hat Deutschland 7,5 Millionen Euro an humanitärer Soforthilfe geleistet. Das Auswärtige Amt stellte nun eine weitere Million Euro für Medikamente, Infusionspumpen sowie für die Betreuung von Flüchtlingen aus dem Tschad und für den humanitären Flugdienst der UN bereit.

Entwicklungsminister Niebel, der Westerwelle begleitete, kündigte an, dass sein Ministerium zusätzlich bis zu sieben Millionen Euro für Maßnahmen der Not- und Übergangshilfe zur Verfügung stelle. "Wir wollen unseren Beitrag zu einer möglichst raschen Stabilisierung der Situation in Libyen leisten", erklärte er.

Sobald es die Lage erlaubt, will sich Deutschland auch am Wiederaufbau beteiligen, insbesondere an Infrastrukturprojekten. Darüber hinaus sollen die Institutionen des Nationalen Übergangsrats gestärkt werden, die von null an aufgebaut werden mussten. So will Deutschland beispielsweise nach Ende des Kriegs Polizisten für das nordafrikanische Land ausbilden.

Weiteres Ziel der Rebellen: Sawija

Unterdessen verlagerten sich die Kämpfe zwischen Regimetruppen und Rebellen wieder weiter nach Westen. Dort versuchten Gaddafis Truppen, mit schwerem Artilleriefeuer vorrückende Rebelleneinheiten zu stoppen. Doch trotz des Beschusses rückten die Rebellen nach eigenen Angaben bis auf 10 Kilometer an Slitan heran, die nächste westlich von Misurata gelegene Stadt. Bis Dienstag wollten sie die Stadt einnehmen, sagte ein Rebellenoffizier, Ali Terbelo.

Weiteres Ziel der Rebellen war die Hafenstadt Sawija, 30 Kilometer westlich von Tripolis. Mit deren Eroberung würden sie Gaddafis Truppen die letzte Nachschubroute nach Tunesien abschneiden. Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte, die Angreifer seien zurückgeschlagen worden. Journalisten, die nach Sawija gebracht wurden, sahen von Gaddafis Leuten gesicherte Straßen und die grüne Fahne des Regimes auf dem zentralen Platz.

Die seit vier Tagen andauernden Kämpfe forderten nach Angaben von Ärzten des Hikma-Krankenhauses in Misurata mindesten sieben weitere Menschenleben. 49 Menschen seien am Sonntag verletzt worden.

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4 Kommentare

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  • G
    gustavKärgele

    Die vorübergehende Anerkennung

    des Rebellenrates bis zu einer

    gewählten Regierung ist sehr wichtig.

     

    Gadaffi muß sich einer freien Wahl stellen.

    Ebenso müssen sich, die Revolutionäre der

    Wahl stellen.

     

    Dem Vorwurf der Massenvergewaltigungen

    und Massenerschießungen muß nachgegangen.

    Eine Propagandalüge hierbei ist ein Verbrechen,

    da es wesentlich die Kriegshärte beeinflußt

    und das vorsätzlich falsche Bezichtigen eines

    Kapitalverbrechens aus militärischen Gründen

    zu sehr viel mehr an Blutvergießen führt

    und eben ungerechtfertigter Grausamkeit

    gegen die Feindmacht führt.

     

    Die Anerkennung einer provisorischen Regierung

    ist wichtig und hätte schon vor mindestens

    einen Monat erfolgen müssen,

    da Gadaffi wegen Lockerbie und dokumentierter

    Massenerschießungen und Hängen von politischen

    Gefangenen scheinbar des Verbrechens

    gegen die Menschlichkeit überführt worden ist.

    Eine Suspendierung der Libyschen Delegation

    im UN-Weltsicherheitsrat wäre deshalb zwingend

    erforderlich bis neu legitimierte Sprecher

    Libyens entsandt würden. Das könnte ein Komitee

    aus Rebellen und alte Staatsregierung und

    libyschen Arbeitern und Akademikern sein.

     

    Aber hier hat Westerwelle sich letzlich

    gut verhalten. Die Anerkennung der Übergangsregierung, wenn auch zu stark

    von Rebellen besetzt, war wichtig.

    Gadaffi muß erkennen, dass Diplomatie mehr

    Macht entfaltet, als militärische Gewalt

    gegen die Bevölkerungsmehrheit.

     

    Den Amerikanern muß klar gemacht werden,

    keine radioaktiv angereicherte Munition

    zu verwenden.

     

    Die Rebellen müssen unter Maßgabe der sofortigen

    Waffenrückgabe nach erfolgreicher

    demokratischer Regierungsinstallation spätestens in

    einem 3/4 Jahr, sofort mit besseren Waffen und

    Infrastruktur unterstützt werden(Radpanzern,

    Treibstofflagern, Trinkwasser,Nahrung,Lazaretten).

     

    Die Weltgemeinschaft muß die neue Übergangsregierung

    akzeptieren und Gadaffi muß die Möglichkeit

    des ehrenvollen Rückzuges gegeben werden.

    Unabhängige libysche Geschworene sollten

    im regelmäßigen Zyklus neu ernannt zusätzlich die

    Beschlüsse legitimieren, um Fanatiker abzumildern

    oder besser den Willen des Volkes gerecht zu werden.

     

     

    Wenn er klug ist, übergibt er den Staat in

    einer unentschiedenen Position freiwillig,

    als als getretener Hund in die Hölle verjagt zu

    werden mit einem für immer besudelten Vermächtnis.

    Er war ein grausamer Regent, aber der Staat

    war nicht verslumt, wie zum Beispiel Kuba.

    Es traten wohl selten Seuchen und Hungersnöte auf.

    Dabei sollte man es bewenden lassen und

    den weiteren Verlust an Menschenleben und

    Ressourcen verhindern. Letzlich favorisiere

    ich ein Ablösemodell, wie es Brasilien oder

    Argentinien mit ihrer Militärjunta vollzogen haben.

     

    Solange die Rebellen Zulauf,Waffen erhalten,

    die ökonomische Blockade und Handelsblockade

    gegen Libyen besteht und in den umkämpften

    Gebieten Lebensmittelluftbrücken für

    Freund und Feind aufgebaut werden, ist es nur

    eine Frage der Zeit bis Gadaffi verliert.

     

    Allerdings sollte der Westen nicht so dumm sein,

    und die feindliche Armee nicht versuchen

    zu korumpieren.

     

    Al Quaida u.ä. muß aus den Kämpfen herausgehalten

    werden. Das ist das letzte, was man hier noch

    gebrauchen kann. Dann wäre Gadaffi sogar ein Held,

    wenn er dafür sorgt, dass diese nicht die

    Nachfolger werden.

     

     

    Sollten die USA nach all der Sch(eiße) im Irak

    und Afghanistan jetzt wieder mit Al Quaida

    koalieren, dann kann man vor der Obama-Administration

    einschließlich der Hillary Clinton nur noch

    ausspucken, da hier der Pragmatismus

    vor den zig 10.000 loyalen irakischen Polizisten,

    Soldaten, Zivilisten und GIs geht.

    Das wäre wirklich unverzeihlich.

    Auch wäre dann Al Quaida nach all dem Sch.

    auch noch legitimiert.

    Ein Weltmacht, die auf Terroristen als Verbündete

    angewiesen ist, sollte dann wirklich abtreten,

    weil das der moralische Offenbarungseid wäre.

     

    Die Handlungsfähigkeit der Übergangsregierung

    sollte wöchentlich unter Beweis gestellt werden,

    indem Beschlüsse von der UN finanziell unterstützt

    zu spürbar positiven Wirkungen in der Bevölkerung

    sorgen. Schlichtes administratives Aushebeln der

    Macht unter dem militärischen Schutz der Rebellen

    und Nato ist das Credo. Codex und Kontrolle

    der Übergangsregierungsmitglieder hinsichtlich

    Psychopathie zur Vermeidung zukünftiger

    Terrorregime ist jetzt besonders erforderlich.

  • C
    Celsus

    Ein Artikel zu dem Beitrag des Online-Kommentars vom 13.06.2011 um 22:45 Uhr würde mich sehr interessieren. Vielleicht kann die taz ja noch mehr dazu sagen.

     

    Danben fällt mir wiederholt auf, dass früher Waffen bewusst an einen Diktator geliefert worden sind, der damit auch sein Volk unterdrücken wollte und spätere NATO-Einsätze gefährlicher machen würde. Was hat die NATO daraus gelernt. Udn ganz speziell Deutschland jenseits der ewigen Krokodilstränen für Demokraten? Wann werden die unter schwarz-gelb eingeführten gelockerten Eregelungen zum Waffenexport wieder zurückgedreht?

  • OK
    Obszöner Krieg gegen die libysche antikoloniale Revolution mit Hilfe Al-Kaidas

    Der Krieg wird immer absurder. Die NATO macht gemeinsame Sache mit der Libya Islamic Fighting Group (LIFG) - einem libyschen Al-Kaida Ableger, der vor Jahren vom CIA und MI6 aufgebaut und von Saudi-Arabien bzw. den USA unterstützt wurde. Diese steht auf der Terrorliste des UN-Sicherheitsrates und ist verantwortlich für den den blutigen Aufstand in Benghazi im Jahre 1995 und für den Terroranschlag auf Gaddafi im Jahre 1996 bei dem einige Leibwächter Gaddafis getötet wurden. Bei der Festnahme einiger dieser Terroristen gaben diese dann zu, Geld vom MI6 erhalten zu haben. Zu diesen gemeingefährlichen brutalen Terroristen die im Augenblick an vorderster Front in Misurata mitkämpfen gesellen sich korrupte Überläufer des Gaddafi-Regimes, die sich im "neuen Libyen" erhoffen, ihre Taschen noch besser füllen zu können, wenn es an den Ausverkauf des Landes nach dem 'Sieg' geht. Als dritte illustre Gruppe kommen dann noch die Kämpfer der von Exillibyern im Westen und Ägypten 1981 unter der Schirmherrschaft des CIA gegründente 'National Front for the Salvation of Libya'.

    Vor Beginn des 'Aufstandes' in diesem Jahr sind dann eine große nicht näher bekannte Zahl an bewaffneten Kämpfern unter mutmaßlicher Unterstützung von Söldnern aus Katar und Saudi-Arabien und Marokko in die Cyrenaika eingesickert, die dann am 15. Februar von ihren Mentoren im Westen und Saudi-Arabien den Befehl zum losschlagen erhielten. Der Aufstand begann praktisch unmittelbar mit offenem Vandalismus, Brandstiftung, Erstürmung von Polizeistationen und Waffenlagern und einem blutigen Massaker und Meuchelmorden an Schwarzafrikanern und Anhängern Gaddafis. Der Internet- und Medienkrieg war da schon voll im Gange... das Märchen von Massakern und der Bombardierung von friedlichen Demonstranten und das Bild eines völlig verrückten und massenmordenden Monsterdiktators wurde von den westlichen Staats- und Konzernmedien bis zum Erbrechen den Menschen in die Köpfe gehämmert! Obwohl diese Behauuptungen schon mehrmals widerlegt worden sind - durch eine Untersuchung der UNO-Menschenrechtskommission unter dem Nobelpreisnominierten Professor M. Cherif Bassiouni vor Ort (wo auch die Vorwürfe von Massenvergewaltigungen widerlegt wurden). Aber auch die Bundesregierung und das Pentagon haben zugegeben, dass es keine Massaker gab. Diese dreiste Manipulation der Medien und die absurde Lügenkampagne haben dann schlußendlich zum UN-Sicherheitsratsbeschluß geführt - mit dem Ergebnis, dass jetzt zum Schutz von Zivilisten jeden Tag Menschen im Bombenhagel sterben und der Bürgerkrieg jetzt erst richtig in ein blutiges Gemetzel endet. Sollten diese Banditen und Terroristen - die von einigen westlichen Ländern schon als 'legale Vertreter' Libyens angesehen werden an die Macht kommen, dann rückt die Nacht der langen Messer an, werden 40 Jahre libysche Revolution zurückgedreht, die erkämpften Rechte der Frauen durch die Scharia ersetzt und das Land zur Ausplünderung mit Hilfe von ein paar korrupten Marionetten des Westens freigegeben. Mit Verbrechern wie den Scheichs von Bahrain und Saudi-Arabien und mit Al-Kaida Terroristen verstehen sich ja unsere westlichen Regierungschegs am besten! Man bleibt unter seinesgleichen.

  • F
    Florentine

    "...die Rebellen als legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkannt." Das ist das Ergebnis v Merkels USA Besuch. Sie wurde auf die Linie des Hegemons eingeschworen. Und wie Deutschland zukünftig "verlässlich" sein wird. Von Krieg zu Krieg. Im Interesse des Hegemons. Anders darf D nun nicht mehr. Diese auch von den Medien eingeforderte Vasallentreue wird uns teuer zu stehen kommen. Zum ersten Weltkrieg haben auch vermeintlich eizulösende Bündnispflichten geführt. Jeder Redakteur, jedes Blättchen, das so Kriegsfreudig ist, trägt schuld an jedem neuen Toten. Egal, auf welcher Seite. Ach ja, reine mystische Verschwörungstheorie, das Ganze, eh klar.