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Westdeutschlandisierung am Kottbusser Tor2 Filme = 1 x "Kreuzkölln"

Unter dem Titel "Kreuzkölln" kommen der halbstündige "Moruk" und die einstündige Dokumentation "24 Stunden Schlesisches Tor" ins Kino. Es geht um die Gentrifizierung eines Berliner Bezirks.

Murat und Hakan haben sich eine Straßenecke erobert, in der sie das Regiment haben, und in der sie tagtäglich abhängen, kiffen, träumen, philosophieren und streiten. Bild: moviemento

Als ewiger Kreuzberger war man sehr gespannt auf "Kreuzkölln", hatte man doch die Veränderungen in den letzten Jahren hautnah mitgekriegt - die Westdeutschlandisierung am Kottbusser Tor, die Mallorcaisierung am Schlesischen Tor und die Gentrifizierung der Kreuzberg zugeneigten Ecke von Neukölln.

Für diese Dinge interessieren sich die beiden Filme, die jetzt unter dem Titel "Kreuzkölln" ins Kino kommen, der halbstündige "Moruk" und die einstündige Dokumentation "24 Stunden Schlesisches Tor", wenig; der Titel wurde wohl eher gewählt, weil er gut klingt und natürlich die vielen potenziellen Kinogänger anspricht, die hier wohnen. "Kreuzkölln" ist aber trotzdem prima.

"Moruk" von Serdal Karaça ist ein atmosphärisch stimmiges, teils an Jim Jarmusch erinnerndes Kammerspiel. Die beiden Helden, der eher actionorientierte, leicht zapplige Murat (Oktay Özdemir) und sein schüchtern-romantischer Freund Hakan (Burak Yigit), hängen tagtäglich an einer Straßenecke, in Neukölln wohl, ab. Sie quatschen miteinander, telefonieren ab und an, kiffen, werden von schüchternen deutschen Jugendlichen gefragt, ob sie Rauchwaren zu verkaufen hätten, nehmen das Geld und verschwinden. Man könnte es Nichtstun nennen, was die Jungs so tun, aber eigentlich ist es Kommunikation. Irgendwann sprechen sie zwei junge Mädchen auf einem Spielplatz an, treffen auf Gegeninteresse, werden zu einer Party eingeladen, die leider nicht so gut ausgeht.

"Moruk" ist ein schöner kleiner Film, der auch die großen Vorteile von Schwarz-Weiß deutlich macht: Weniger Information! Stärkere Konzentration! Angenehme Wehmut! Und wenn man gerade noch dachte, dass "Prinzessinnenbad" gut zu "Moruk" passte, fällt einem auf, dass eine der Heldinnen von Klara Reinacher gespielt wird, die man aus "Prinzessinnenbad" kennt.

Die Dokumentation "24 Stunden Schlesisches Tor" von Eva Lia Reinegger und Anna de Paoli macht genau das, was der Titel verspricht: Der Tageschronologie folgend, haben die Autorinnen viele verschiedene Menschen interviewt, die allesamt recht sympathisch wirken: eine in Mahlsdorf wohnende Frau, die Plakate in der U-Bahn klebt, eine aus Polen stammende Praktikantin, die Balkone baut, einen BSR-Mitarbeiter, der sich auf seine Rentenzeit freut, in der er sich vor allem mit seinem Hobby - Schlittenhunde - beschäftigen möchte, einen 21-jährigen Türken, der immer schon am Schlesischen Tor wohnte und wenig Sinn darin sieht, von seinen Eltern wegzuziehen, weit gereiste Pärchen aus unterschiedlichen Ländern, die sich jedes Jahr in Berlin treffen, einen gemütlichen, dicken Rentner, von dem man sich vorstellt, dass er in den 60er-Jahren vielleicht ein umherschweifender Haschrebell war, etc. Nur an die Junkies haben sich die Filmemacherinnen nicht rangetraut.

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11 Kommentare

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  • M
    MegaDepp

    Hallo,

    wollte auch mal meckern! Liebe Taz ihr seid doof weil, blablablablaaaaaaablabla.

    Liebe Taz der Artikel ist doof weil blaaaaaaaaaaaablaaaaaaaaablaaaaaa.

    Bitte beachtet meine Meinung ich bin ein Internetkommentator.

  • B
    Berliner

    Oh Mann, was soll denn der Schwachsinn? Schoen, liebe Taz, Berlin ist das allerlallertollste, gell? Und boese, boese Westdeutsche duerfen da nicht sein, nur gute Hartz IV-Empfaenger. Diese pseudoromantisierung von Berlin geht nur noch auf den Sack. Die Peinlichkeit, wie von eurer Zeitung ein Lebensgefuehl beschworen wird, dass man schon der bessere Mensch, wenn man da im Kiez wohnt und andere, vor allem die Westdeutschen, oder "schwaben" nicht so toll sind, geht nur noch auf den Sack. Macht doch mal den Vorscvhlag, dass alle Westdeutschen, die in Berlin wohnen, einen gelben Stern tragen sollen und man auf alle Faelle ihre Autos anzuenden darf (da habt ihr ja allen ernstes vor kurzem gefragt, ob dass nicht politisch und damit gerechtfertigt ist) Bei euch hackt es wohl komplett!

  • J
    joerg

    ein Türke, der schon immer am Schlesischen Tor wohnt? Hmm. Tappt die taz endgültig in die Falle der Neo-Individualliberalisierung?

  • G
    grafinger

    @"xyz":

    "Bielefelder"? Ja wo kommen die denn her? Ist das ein Synonym für deutschsprachige Migranten unbestimmbarer Herkunft (SCNR)?

  • D
    denninger

    @"drusus":

    "Kreuz"- oder "Bad Sege-", Berg bleibt Berg.

    Und 20 oder 30 Jahre in Berlin kommen dem "Wessi" schon ewig vor (SCNR).

  • F
    film

    "Moruk" ist ein wunderbarer kleiner Film, der eine Momentaufnahme einer Freundschaft bietet, die keine Erklärungen braucht. "24 Stunden Schlesisches Tor" liefert die Antwort auf eine Frage, die sich wahrscheinlich alle schon einmal gestellt haben, die regelmäßig am Schlesischen Tor vorbeikommen: "Was hätten diese Leute um mich herum wohl zu erzählen, wenn sie nur jemand fragen würde?"

    Insgesamt ist "Kreuzkölln" das Abbild eines Mikrokosmos innerhalb eines knappen Zeitraums. Die Filmemacher zeigen uns, dass diese Gegend gerade aufgrund ihrer enormen Vielfalt und des unablässigen Wandels den Reiz ausübt, von dem sich so viele Menschen jeden Tag erneut faszinieren lassen. Es geht in keiner Sekunde um Gentrifizierung oder gar eine der stumpfsinnigen Wortschöpfungen, zu denen sich Detlef Kuhlbrodt hier herabgelassen hat. Manche Filme wollen einfach nur Film sein. Es ist schade, wenn Journalisten einem wehrlosen Film ihre völlig bezugslose persönliche Agenda überstülpen wollen. Diesen Umstand anschließend hinter sinnfreien Privatwörtern zu verstecken, anstatt eine Begründung für den eigenen Standpunkt zu liefern, ist einfach nur noch peinlich. Das können Sie besser, Herr Kühlbrodt!

  • D
    drusus

    "als ewiger Kreuzberger" ?

    gebürtig oder gefühlt?

    ;-)

  • U
    urmel

    "...einen 21 jährigen Türken der schon immer am Schlesischen Tor wohnt"

     

    - finde den Fehler.

  • X
    xyz

    aha, "Westdeutschlandisierung"? Wird im Artikel nicht wirklich erklärt, genauso wenig wie "Mallorcaisierung". Ist ja auch beides Blödsinn. Werden da jetzt Einfamilienreihenhäuser hingestellt? Nee, wa. Wenn überhaupt, dann wurde Kreuzberg bis Ende der 80er Jahre von Westdeutschen Bundeswehrdrückebergern überflutet. Bielefelder, Schwaben, a paar Bayern. Einige haben's dann ned gepackt und sind als kaputte, gealterte Punks oder Junkies im Kiez geblieben. Daß sich ein Kiez niemals wandeln würde oder dürfte, wäre eher ein weltfremder Wunschtraum, oder?

    Mal ehrlich: wer die Gegend um das "Neue Kreuzberger Zentrum" so attraktiv findet, daß er/sie hinziehen muß, ist selbst daran schuld. Da ist sogar der Wedding noch eine bessere Alternative.

  • G
    grafinger

    Kann mir der Autor bitte mal erläutern was er mit "Westdeutschlandisierung" (sic!) meint?

    Sorry, aber diese (seine?) Wortschöpfung bedarf doch einer genaueren Erläuterung.

  • G
    g.cölfen

    Lieber Herr Kuhlbrodt, ob sie es glauben oder nicht,

    aber Rauchwaren sind keine Waren , die man rauchen kann. Nein,nein,nein - Rauchwaren sind Pelze, ja ge-

    nau, Pelze, und nichts anderes!Glauben sie nicht, weil sie ja dann etwas davon gehört haben müßten?

    Fragen doch einfach jemanden, der Deutsch kann.