Wertvolle Werbung

■ Senatsbroschüre wirbt für Rambo III / E88 braucht Geld

Indikator? Im Chemie-Unterricht haben wir gestaunt, Lackmus hieß das Zeug und färbte sich mal rot, mal blau, ätzend sind beide Substanzen, die da angezeigt werden. Jetzt sind wir ein paar Tage älter, wundern uns über Lackmus nimmer. Genauso muß es wohl Lorenz Tomerius gegangen sein. Im Auftrag des Kultursenators gibt er das feine, große E88 -Journal heraus. Auf Seite 17 kämpft da Rambo III für seinen Freund, wohl auch im Namen der vielbeschworenen Staatsferne, in der sich die kulturbeflissenen Wendepolitiker täglich üben? Nun wollen wir aber doch fair bleiben: Der Zaster ist die eine, die Kunst die andere Seite der Medaille. E88 soll ja auch Geld einspielen. Sonst meckern wir, weil der Senat Geld für Pippifax verschleudert und plötzlich regen wir uns womöglich auf, wenn da Summen von 10.000 Mark aufwärts in die Kulturkassen zurückprasseln.

Schließlich hat der Streifen ja ein „wertvoll“ von der Wiesbadener Filmbewertungsstelle gekriegt. Und das prangt zur Freude der Berlin-Besucher auf der linken unteren Seite der Rambo-Anzeige, irgendwo zwischen wilden, gerechten, afghanischen, freiheitsliebenden Widerstandskämpfern. Also alles paletti: Wertvoll bleibt wertvoll. Berlin tut so gut, daß der Redaktionsschluß des E88-Journals offizielle Begründung genug wäre, warum dem Senatsbeauftragten Tomerius trotz der massiven Proteste gegen das „wertvoll“ eine Werbung für Stallones „Meisterwerk“ völlig koscher vorkommt?

„Aber nein, sehen wir uns doch das Heft von vorne nach hinten durch“, meint er. „Zum Beispiel die Zigarettenwerbung. Wir müßten ja auch was dagegen haben. Belästigungen der Nichtraucher!“ Aber da kommt die Knete wieder rein, Widerspruch sinnlos. Mei, die Bayern, so gschert die ganze Politik auch verkauft wird, hier bei uns bei Preußen san da doch gscheiter: Referent Leubel, beim Bayerischen Sozialministerium für Jugend, Film und Jugendschutz verantwortlich, hängt dem Rechtsausschuß der FSK ein Appellationsverfahren an den Hals. Er appelliert: „Mei, wertvoll kann ja der Rämbo meinetwegen sein, aber ab 16 Jahren wird er bei uns nicht freigegeben.“ Auch der Film „Die Konsequenz“ ist jugendverderblich in Bayern. Lackmus rot, Lackmus blau. Ätzend ist beides.

W. Haack