Werkverträge: VW-Piloten bleiben draußen
Testfahrer von VW und Audi sind vorm Arbeitsgericht Braunschweig mit der Klage um eine Festanstellung gescheitert. Ihre Forderung sei unbegründet.
HAMBURG taz | Das kommt für den Wolfsburger Volkswagen-Konzern einem Aufstand gleich: Zwölf Testfahrer, die auf dem Versuchsgelände Ehra-Lessien bei Gifhorn VW- und Audi-Modelle testen, haben vor dem Braunschweiger Arbeitsgericht auf Festanstellung geklagt. „Es gibt in Ehra-Lessien Leute, die mit 1.700 Euro brutto nach Hause gehen, obwohl sie 20 Jahre als Testfahrer tätig sind“, sagte ihr Hamburger Anwalt Rolf Geffken. Das Gericht wies die Klage nach mehrstündiger Verhandlung am Mittwoch zurück. „Die Kammer sah keine Rechtsgrundlage“, sagte Rainer Pieper, Direktor des Arbeitsgerichts Braunschweig.
Geffken kündigte Beschwerde an. Für ihn sei klar, dass VW mit den Werkverträgen Arbeitnehmerrechte aushebele. Denn tatsächlich seien die Testfahrer, die über eine Werkvertragsfirma kommen, kontinuierlich in die Arbeitsprozesse bei VW und Audi eingebunden und brächten auch ihr Arbeitsgerät nicht selbst mit. Die Fahrer hätten Anweisungen von Vorgesetzten zu befolgen und böten keine eigenständige Dienstleistung an. Deshalb hatte Geffken beantragt, den VW-Aufsichtsratschef Martin Winterkorn zu hören, um den Beweis zu führen, dass der Konzern „schon wegen der Vermeidung kostspieliger Rückrufaktionen die volle Kontrolle über die Testfahrer haben muss“, sagte Geffken.
In Braunschweig und Wolfsburg ist man überrascht über das Vorgehen des Juristen. „Während die meisten Anwälte aus der Region in Fällen, wo sie ihre Mandanten gegen VW vertreten, eher zurückhaltend auftreten, geht der Testfahrer-Anwalt Rolf Geffken in die Offensive“, schrieben etwa die Wolfsburger Nachrichten.
Die Testfahrer erproben in Ehra-Lessien neue und aktuelle Modelle auf ihre Fahrtüchtigkeit. Dabei kann es auch zum so genannten „Elch-Test“ kommen, bei dem die Fahrer abrupt einem Hindernis ausweichen müssen. Bei Mercedes führten missglückte Elch-Tests vor Jahren dazu, dass der Konzern die Modelle der neuen A-Klasse, die bei dem Test umkippten, kostspielig überarbeiten musste.
Testfahrer ist ein gefährlicher Beruf. Ein 28-jähriger Fahrer ist im August 2013 auf dem VW-Testgelände ums Leben gekommen. Der Mann war mit einem Serienfahrzeug von der Piste abgekommen und gegen Bäume geprallt. Er war nicht der erste Tote. Bereits 2010 war ein 29-Jähriger ums Leben gekommen. Im Juli 2009 verunglückte ein 42-jähriger Testfahrer bei der Kollision mit einem anderen Fahrzeug tödlich.
Doch der VW-Konzern mauert: Volkswagen vergebe im Rahmen der Fahrzeugentwicklung Aufträge für Erprobungsfahrten an Partnerfirmen, sagte ein Sprecher des Konzerns. „Den Vorwurf, in diesem Zusammenhang gebe es Scheinwerkverträge, weisen wir klar zurück.“ Es sei möglich, die Testfahrer nicht über Werkverträge, sondern als Leiharbeiter zu beschäftigen. Von dieser Möglichkeit aber machten die Partnerfirmen bisher noch keinen Gebrauch.
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