Werkstatt der Kulturen: Streit um Ausstellung eskaliert

Trotz Kompromiss lehnt die Leiterin der Werkstatt der Kulturen eine Einigung im Streit um die Ausstellung über Dritte-Welt-Länder im Zweiten Weltkrieg ab.

Der Streit um die Ausstellung "Die Dritte Welt im zweiten Weltkrieg" eskaliert. Nachdem die Werkstatt der Kulturen in Neukölln die Schau kurzfristig abgesagt hatte, verkündete der Migrationsbeauftragte, Günter Piening nach einem Schlichtungsgespräch am Freitag eine Übereinkunft der Beteiligten. Demnach sollte eine Kopie der umstrittenen Ausstellung nun doch in der Werkstatt gezeigt werden. Die Werkstattleiterin Philippa Ebéné streitet jedoch jede Einigung ab. Sie habe an dem Treffen bei Piening nicht teilgenommen und werde einer Präsentation in der Werkstatt der Kulturen auch weiterhin nicht zustimmen, so Ebéné gegenüber der taz. Wörtlich sagte sie: "Ich lasse mich nicht erpressen!"

Die vom Kölner Journalisten Karl Rössel konzipierte Ausstellung sollte ursprünglich vom 1. September an, dem 70. Jahrestag des Beginns des zweiten Weltkriegs, in der Werkstatt der Kulturen gezeigt werden. Sie dokumentiert den antifaschistischen Widerstand, aber auch die Kollaboration mit den Nazis, die es in Asien, Afrika und Lateinamerika gegeben hat. Der Streit zwischen Ausstellungsmacher Rössel und Werkstattleiterin Ebéné entspann sich um die Gewichtung, die der Kollaboration in der Ausstellung beigemessen wird. Während Ebéné nach ihrer Darstellung eine Ausstellung haben wollte, die den Kampf Nichtweißer gegen den Nationalsozialismus würdigt, wollte Rössel auf die Darstellung der Kollaborateure nicht verzichten.

Es sei die Erinnerung an die arabischen NS-Kollaborateure und Kriegsverbrecher, die in der Werkstatt der Kulturen unerwünscht sei, hatte Ausstellungsmacher Rössel Ebéné in einer Presseerklärung unterstellt. Die sieht sich nun dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt - und widerspricht: "Es ist absurd, mir vorzuwerfen, dass ich vor den Arabern kusche", sagt Ebéné. Es habe zudem keinerlei Beschwerden aus der arabischen Community Berlins gegen die Ausstellung gegeben. Im vergangenen Jahr hatte Ebénés Bestehen auf einem jüdischen Redner bei der Eröffnung der von ansässigen Vereinen jährlich veranstalteten arabischen Kulturwoche zu einer Absage der Veranstaltung geführt.

"Frau Ebéné Antisemitismus vorzuwerfen, ist Unsinn", sagt auch Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung und selbst Jüdin. Kern des Konflikts sei stattdessen, dass es "hier in Deutschland keine vernünftige Debatte über Rassismus, über die Bedeutung von Weißsein und Nichtweißsein, gibt", kritisiert Kahane. "Hier dominiert nach wie vor die Ansicht, dass zwar Europäer differenziert zu betrachten sind, bei allen anderen aber wüst verallgemeinert werden darf." Ihre Konfliktpartner verstünden offenbar Frau Ebénés Perspektive auf diese Problematik nicht: "Man müsste ihr einfach mal zuhören, statt eine notwendige Diskussion mit dem Antisemitismusvorwurf auszubremsen", sagt Kahane.

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