Werbemail-Unternehmer vor Gericht: MySpace gegen den "Spam-König"
Ein bekannter amerikanischer Werbemail-Versender hat sich mit dem größten sozialen Netzwerk der Welt angelegt. Nun drohen ihm Strafzahlungen in Millionenhöhe.
Unerwünschte Werbemails sind etwas, was man als Internet-Nutzer am besten ignoriert. Bei juristischen Schreiben sollte man dies jedoch besser nicht so handhaben. Diese Erfahrung musste jetzt ausgerechnet Sanford Wallace, einer der bekanntesten Spam-Versender der Welt, in den USA machen: Ein Gericht erließ nun ein Urteil zugunsten eines Klägers, weil der auch als "Spamford" bekannte Werbemail-Unternehmer es gleich mehrfach versäumt hatte, auf behördliche Unterlagenanforderungen zu reagieren.
Der Fall ist so bunt wie komplex: Kläger ist MySpace, das größte soziale Netzwerk der Welt. Sanford Wallace soll laut Klageschrift aus dem März 2007 per so genanntem Phishing versucht haben, an die Zugangsdaten Hunderttausender Nutzer zu gelangen - unter anderem mit Hilfe gefälschter Mails. Über 300.000 MySpace-Profile soll "Spamford" auch mit Hilfe einer speziellen Software schließlich unter Kontrolle gehabt haben, um laut MySpace 400.000 Werbebotschaften und fast eine Million Spam-Kommentare abzusetzen. Geworben wurde dabei oft für zwielichtige Sex- und Glückspielseiten.
Mit einer Verfügung ging MySpace im vergangenen Sommer dagegen vor - das Gericht untersagte Wallace weitere Aktivitäten dieser Art. Doch zu einem echten Verfahren kam es dann nur einseitig: Wallace reagierte laut einem Bericht des US-IT-Nachrichtendienstes CNET weder auf Anordnungen des Gerichtes, zur Verhandlung zu erscheinen, noch entsprechende Erklärungen abzugeben. Stattdessen soll "Spamford" stets Ausreden parat gehabt haben. So erklärte er unter anderem, ihm fehle ein geeigneter rechtlicher Beistand. Nach Monaten des Hin und Her wurde es der zuständigen Richterin jetzt zu bunt - sie sprach ein so genanntes Säumnisurteil gegen Wallace und entschied für MySpace.
Dem "Spam-König", der bereits seit den Achtzigerjahren im Geschäft mit unaufgeforderten Werbebotschaften agiert, die er anfangs per Fax, später dann per Mail verschickte, drohen nun allerlei unangenehme Dinge. Der in den USA inzwischen geltende "CAN-SPAM-Act" ist ein teilweise recht harsches Gesetzeswerk. Strafgelder in Höhe von mehreren Millionen Dollar drohen ebenso wie in bestimmten Fällen auch Gefängnis bis zu fünf Jahren. MySpace, das zum Medienkonzern News Corporation des Australiers Rupert Murdoch gehört, will außerdem Schadenersatz sehen, weil Wallace MySpace-Marken missbraucht habe. Bis zu eine Million Dollar könnte das den "Spam-König" kosten.
Es ist nicht die erste Millionenklage gegen Wallace. Bereits 2006 mussten Firmen, an denen der Werbemailversender beteiligt war, über vier Millionen Dollar an Strafen an die US-Handelsaufsicht FTC bezahlen. Damals hatten Wallace Firmen so genannte Spyware auf Nutzerrechnern installieren lassen, die sich dann mit Programmen, die die Unternehmen selbst verkauften, wieder entfernen ließen.
Das Geschäft scheint sich gelohnt zu haben - auch mit dem Spam-Versand hatte Wallace stets gut verdient. So soll allein die MySpace-Aktion laut Gerichtsakten mindestens 555.000 Dollar eingebracht haben. Da er damit möglicherweise gegen die Auflagen der US-Handelsaufsicht verstoßen hat, drohen weitere gerichtliche Schwierigkeiten - die FTC bat die Richterin bereits darum.
Das Versenden von Werbemails und das Vollspammen von Weblogs und sozialen Netzwerken basiert auf einem einfachen Geschäftsmodell: Je mehr unerwünschte Reklame platziert wird, desto größer sind die Chancen, dass doch unbedarfte Nutzer auf die zwielichtigen Angebote eingehen. Bei Spam in sozialen Netzwerken und Blogs kommt die Chance hinzu, dass sich der so genannte "Page Rank" entsprechender Seiten bei Google verbessert, sie also weiter oben auf Trefferlisten auftauchen. (Technologien, die dagegen vorgehen, setzen sich erst schrittweise durch.) "Spamford" Wallace soll in seiner persönlichen Hochphase des Spammings in den Neunzigerjahren bis zu 25 Millionen Werbemails pro Tag versendet haben. Inzwischen stufen Experten solche Mengen als unteren Durchschnitt von Gelegenheitsspammern ein. Das Spamproblem lässt sich wohl erst dann lösen, wenn wirklich niemand mehr auf die Werbemails reagiert.
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