piwik no script img

Wer wirbt denn da?

Influencer werden für Werbende immer wichtiger. Auch bei den ganz jungen Zielgruppen. Bereits Sechsjährige werden erreicht. Ist das unproblematisch?

Influencerinnen Lisa und Lena Mantler bei der „Glow Beauty Convention“ in Dortmund im März Foto: Gartner/imago

Von Wilfried Urbe

„Kinder orientieren sich in der digitalen und analogen Welt an Influencer*innen, sie sind deren neue Held*innen.“ Das ist das Fazit von Maya Götz. Die Medienwissenschaftlerin ist Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI). Das IZI hatte Ende letzten Jahres rund 900 6- bis 13-Jährige dazu befragt. Bei den 8- bis 9-Jährigen hat schon jedes dritte Kind eine/n Influencer*in als Favoriten, bei den 10- bis 11-Jährigen sind es sogar sieben von zehn. Die Teenager „Lisa und Lena“ zum Beispiel haben auf Instagram über 15 Millionen Abonnenten.

Für die Spielwarenindustrie sind Influencer inzwischen unverzichtbar, auf der weltgrößten Spielwarenmesse in Nürnberg waren sie vor Kurzem zahlreich unterwegs, um von dort zu berichten.

„Es gibt wirklich qualitativ hochwertige Blogger, die im Dienst ihrer Zielgruppe unterwegs sind“, sagt der Chef der Spielwarenmesse, Ernst Kick, „wir präsentieren hier über 120.000 Neuheiten, und um das zu analysieren und zu bewerten braucht man wirklich fachkundige Experten.“

So wie Hunter & Cron: zwei junge Männer, die alle Arten von Brett- und Gesellschaftsspielen testen. Sie finanzieren sich über Spenden, zahlungspflichtige Videobeiträge und einen eigenen Onlineshop.

Über allem steht die Frage, in welchen Beziehungen die Ratgeber in den sozialen Medien und im Internet zu den Herstellern der Produkte stehen, die sie empfehlen. Einige bekannte Spielwarenmarken lehnen, zumindest offiziell, eine direkte Geschäftsbeziehung ab und betonen, dass sie gern mit Mikroinfluencer*innen zusammenarbeiten: Das sind beispielsweise Familien, denen Erzeugnisse kostenfrei zur Verfügung gestellt und die dann von Eltern und deren Kindern getestet werden.

Der Lego-Experte und YouTuber Held der Steine, Thomas Panke, der die Angebote des dänischen Klötzchenherstellers auch kritisch beleuchtet, gelangte vor Kurzem in der Branche zu einiger Berühmtheit, weil der skandinavische Spielwarenproduzent ihn wegen seines Logos verklagte. Ein Shitstorm war die Folge – aber nicht gegen Panke, sondern gegen den dänischen Konzern.

Bei Playmobil freut man sich dagegen über die „vielen Fans“, die sich über soziale Kanäle mit den Produkten des Herstellers mit Hauptsitz in Zirndorf gern freiwillig befassen. Aber auch Playmobil möchte zukünftig mehr mit Influencer*innen zusammenarbeiten, wie Unternehmenssprecher Björn Seeger bestätigt: „Für uns sind verschiedene Kooperationen denkbar. Aktuell liegt der Schwerpunkt stärker auf Eltern-Bloggern. Aber wir sind sicher noch dabei, unseren Weg zu finden und unser Netzwerk weiter auszubauen, denn wir wünschen uns mehr Dialog mit und Feedback von den Konsumenten.“

Die Verantwortung, so Seeger, sei hoch: „Denn auch wir beobachten, dass sich viele junge Follower mit ihren Stars im Netz stark identifizieren. Bei allem, was wir hier tun, muss Transparenz und Offenheit die wichtigste Grundlage sein.“

Genau das bezweifelt aber Ingo Barlovic, Geschäftsführer der Marktforschung iconkids & youth international research: „Influencer werden nicht als Werbefiguren angesehen, sondern eher als gute Freunde.“

Bei kommerziellen Kindersendern zum Beispiel sei die Werbung kenntlicher. Er ist skeptisch: „Bei den meisten Influencern in diesem Bereich stehen sicher kommerzielle Interessen dahinter.“

Kritik an den Pro­ta­go­nis­t*in­nen aus dem Netz, die Werbebotschaften für Kinder verbreiten, kommt auch vom werbefinanzierten Kinderfernsehen. Diese eher ungewohnten moralischen Betrachtungen von dieser Seite haben wohl damit zu tun, dass man diese begehrte junge Zielgruppe nicht mehr so leicht mit TV-Werbung erreicht wie früher.

Umso wichtiger, so formuliert es der Playmobil-Pressesprecher, sei es, genau hinzuschauen, wem Kinder teilweise täglich folgen: „Wir appellieren an Eltern, dazu im Gespräch zu sein. Kinder müssen gestärkt werden, Inhalte und Kanäle zu hinterfragen und richtig einzuordnen.“

Dazu raten auch die Landesmedienanstalten, die allerdings darauf hinweisen, dass Werbung für Kinder grundsätzlich erlaubt ist. Sie muss aber gekennzeichnet und erkennbar sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen