Wer vom FDP-Steuermodell profitiert: Entlastung für mittlere Einkommen
Das FDP-Modell würde Beschäftigte begünstigen, die bis zu 4400 Euro pro Monat verdienen.
BERLIN taz | Im Gegensatz zum gegenwärtigen Steuersystem will die FDP fünf Stufen einführen. Während der Steuersatz heute allmählich ansteigt, soll er künftig bei bestimmten Einkommenshöhen einen großen Sprung nach oben machen.
Konkret könnte das so aussehen: Bis 8.004 Euro Einkommen würde ein Single ohne Kinder wie heute keine Steuer zahlen. Verdient er zwischen 8.005 und 12.500 Euro pro Jahr, müssten er oder sie 14 Prozent Steuer entrichten. Für zusätzliches Einkommen bis zu 35.000 Euro wird ein Steuersatz von 25 Prozent fällig. Die weiteren Stufen: 35 Prozent bis 53.000 Euro, 42 Prozent bis 250.000 Euro, darüber 45 Prozent. Die Belastung von Verdiensten über 53.000 Euro (etwa 4.400 zu versteuerndes Einkommen pro Monat) bliebe im Vergleich zu heute gleich. Die FDP hat sich hier davon verabschiedet, Wohlhabende und Reiche weiter zu begünstigen.
Entlastet würden hingegen kleine und mittlere Einkommen. So sparte ein Single mit 30.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen rund 600 Euro. Wobei die Belastung auch heute nicht besonders hoch ist: Der Beschäftigte hat einen Steuersatz von 23 Prozent.
Die FDP verbindet mit ihrem Modell das Versprechen, besonders die Mittelschicht zu entlasten und den sogenannten Mittelstandsbauch abzuflachen. Als "Mittelstandsbauch" bezeichnet man den relativ schnellen Anstieg der Steuersätze oberhalb des Grundfreibetrages - eine gefühlte Ungerechtigkeit. Und im Gegensatz zur starken Progression bei den mittleren Einkommen steigen auch die Steuersätze bei hohen Einkommen jenseits von 53.000 Euro kaum noch. Der Bauch ist das Ergebnis vergangener Steuerreformen: Rot-Grün und die große Koalition haben vor allem sehr niedrige und hohe Einkommen entlastet, die Mitte eher wenig. Dies will die FDP nun nachholen.
Auch ein anderer Weg wäre möglich, um wieder Steuergerechtigkeit herzustellen. In diesem Fall müsste die Belastung hoher Gehälter und Kapitaleinkommen stark steigen - angesichts der Staatsverschuldung infolge der Wirtschaftskrise auch über den Spitzensteuersatz von früher 53 Prozent hinaus.
Spannend dürfte werden, wie die gelb-schwarze Koalition die rund 16 Milliarden Euro erwirtschaften will, die die FDP-Reform kostete. NRW-Minister Andreas Pinkwart hofft auf Wachstum und setzt auf den Selbstfinanzierungseffekt in der Größenordnung von knapp 6 Milliarden Euro: Wenn die Leute mehr Geld zur Verfügung hätten, würden sie mehr einkaufen, was dem Staat mehr Einnahmen brächte. Zudem will die FDP Steuersubventionen streichen - was einer Steuererhöhung gleichkäme.
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