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Wer nicht beichtet, wird entlassen

■ Der Vatikan erläßt ein neues Regelwerk für seine Beschäftigten – die Arbeitnehmer kündigen Widerstand an

Vatikanstadt (dpa) – Der Vatikan hat neue weitreichende Verhaltensregeln für seine 2.000 weltlichen Beschäftigten erlassen, die unter anderem Empfängnisverhütung, Scheidung und die Ehe ohne Trauschein verbieten. Die 95 Artikel des Dokuments, die vom 1. Oktober an gültig sind und von jedem Angestellten unterschrieben werden sollen, sehen ein klares moralisches Bekenntnis zur Lehre der katholischen Kirche und deren moralischen Normen vor, egal, ob es sich um einen Gärtner, Koch oder Büroangestellten handelt.

Den „Zehn Geboten“ zufolge müssen Angestellte des Papstes mit Entlassung rechnen, wenn sie das strikte Nein zu Verhütung und Abtreibung nicht akzeptieren oder sexuelle Kontakte außerhalb der Ehe haben. Von Sanktionen bedroht ist auch, wer nicht zur Kirche geht oder nicht regelmäßig beichtet.

Das Dokument stammt von der Päpstlichen Kommission für den Vatikanstaat und wurde von dessen Präsidenten, Kardinal Rosalio Jose Castillo Lara, sowie weiteren vier Kardinälen ausgearbeitet. Es ersetzt ähnliche Bestimmungen aus dem Jahre 1969. „Diese Normen haben vor allem eine pädagogische Funktion. Sie sollen nicht die Freiheit unterdrücken oder einschränken oder eine Person demütigen“, sagte Castillo Lara. Im übrigen seien die Beschäftigten auch nach den alten Vorschriften verpflichtet gewesen, die Lehre und die moralischen Normen der Kirche zu befolgen.

„Das ist wahr“, gab Alessandro Candi zu, ein Interessenvertreter der weltlichen Beschäftigten. „Aber bisher mußten wir nichts unterschreiben. Es ist ein Zwangskorsett, wenn wir jetzt mit einer Unterschrift praktisch unsere mögliche spätere Entlassung besiegeln sollen.“ Er werde alles tun, um die „besonders kontroversen und restriktiven Passagen“ wieder streichen zu lassen. Anwälte bereiten bereits eine Beschwerde vor.

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