: Wer mit wem?
■ Aus Parteien werden Fraktionen
Das Spannendste bei den Europawahlen kommt noch: Welche Parteien aus den 12 EU-Mitgliedsländern werden sich zu Fraktionen zusammenraufen? Bisher gab es im Straßburger Parlament neun Fraktionen. Größte Fraktion war die sozialistische, zweitgrößte die der christdemokratischen Volksparteien. Vor allem die Fraktion der Volksparteien wird klären müssen, wie weit sie sich den neuen Rechten öffnet. Gegenüber erklärten Rechtsradikalen haben sie sich abgegrenzt. Aber wie werden sie mit der stärksten italienischen Rechts-Partei umgehen, mit Silvio Berlusconis Forza Italia? Berlusconi tönt seit Tagen, daß er bereits Zusagen für eine Aufnahme in den Club habe. Seine Partei, vom strengen Geruch der neofaschistischen Koalitionspartner umwölkt, ist auch den Konservativen peinlich, aber immerhin ist Forza Italia nach dem Niedergang der Democrazia Cristiana die größte rechte Volkspartei in Italien.
Bei den Sozialisten ist die Sache einfacher. Parteien, die in der Sozialistischen Internationalen sind, werden auch in der sozialistischen Fraktion akzeptiert. Streit wird es trotzdem geben, beispielsweise um die Liste des französischen Linkssozialisten Chevènement, „L'Autre Politique“, die in direkter Konkurrenz zur Liste von Sozialistenchef Michel Rocard steht.
Wie sich die Fraktionen auch zusammenraufen, an den alten Mehrheitsverhältnissen wird sich wenig ändern. Ein Drittel Sozialisten, ein Drittel Christdemokraten, wie man es auch dreht und wendet, es kommt immer eine Große Koalition heraus. Weder die Sozialisten noch die Volksparteien werden allein eine Mehrheit zustande bringen.
Sicher wird es wieder rot-grüne Annäherungsversuche geben, die wieder scheitern werden, da stehen schon die nationalen Eigenheiten und die sorgsam gepflegten Abneigungen davor. Für eine Mehrheit mit den Sozialisten würde es außerdem immer noch nicht reichen. Und eine Ampelkoalition ist auf europäischer Ebene ziemlich undenkbar. Auch die Liberalen aus aus den zwölf Ländern sind sich selten einig. Alois Berger
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