Nachfrageversuche: Wer beschloß Abriß?
■ Ampel-Senat uneinig, wer es gewesen ist
Wer hat eigentlich beschlossen, daß das Haus Buntentorsteinweg jetzt abgerissen werden soll? Warum wußte der grüne Koalitionspartner - angeblich - von nichts? Wir haben gestern 30 Telefongespräche geführt, um das herauszufinden.
Geschäftsführer Fuhse von der Bremischen, die auf dem Grundstück seit Jahren Seniorenwohnungen bauen will: „Ich war davon genauso überrascht wie die Besetzerinnen.“
Der Sprecher des Bauressorts, Imholze: „Niemand hier im Hause hat das gewußt.“
Beim Justizsenator weiß man immerhin, daß es Bemühungen gegeben hat, den Termin der Durchsuchung (zuständig: Staatsanwaltschaft) mit dem der polizeilichen Räumuung zu koordinieren, auf die der Finanzsenator gedrungen hat.
Für Sprecherin des Finanzressorts gibt es da keine Frage: Sozial-, Justiz-, Bau- und Finanz ressort seien zuständig, „diese Ressorts sind beteiligt gewesen.“ Vor den Sommerferien sei beschlossen worden, den „ersten rechtsstaatlich zulässigen Räumungstermin“ wahrzunehmen.
Das haben die grünen SenatorInnen Trüpel und Fücks damals anders verstanden. Sonst, untermauert Fücks sein Gedächtnis von der informellen „Suppenrunde“–Besprechung, hätte es keinen Sinn gemacht, gleichzeitig zu überlegen, ob die frühere Frauenbeauftragte Ursel Kerstein um einen letzten Vermittlungsversuch gebeten werden soll. Am 29.9. wird das Gericht in zweiter Instanz verhandeln. Wenn die Besetzerinnen da gewinnen würden, müßte die Stadt Schadensersatz zahlen.
Für den Staatsrat des Sozialressort, Hoppensack, gibt es keinen Zweifel: Nach den Ferien, vor der Senatssitzung am 30.8. hat er die Kollegen von Finanzen (Fluß) und Inneres (van Nispen) gefragt, ob denn geräumt werden solle, wo das Gericht in erster Instanz entschieden habe. Nach dem informellen Teil der Senatssitzung, in dem heiklen Themen ohne Protokoll und Beamte angesprochen werden, habe er gesagt bekommen, das Thema durch, „es hat keine Einwände gegeben“. Haben die Grünen gepennt? Waren die Grünen dabei? Hoppensack: „Klar, Fücks war dabei.“
Ralf Fücks empört: „Das ist nicht wahr.“ Fücks, für seine akribischen Notizen bekannt, guckte gestern für die taz in seine Aufzeichnung von der informellen „Suppenrunde“. Ohne Fücks ging an diesem Tag nichts: Wedemeier war weg, Fücks leitete die Senatssitzung. Über drei Themen wurde geredet am 30.8., kein Wort über den Buntentorsteinweg: „Das war nicht Thema.“ K.W.
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