Wenn die Gläser klirren

■ Anwohner der Kattenturmer Heerstraße fordern weniger Lärm durch weniger Verkehr / Am Freitag machten sie als Demonstranten selbst den Stau

„Macht Staufahren Spass ?“ fragten rund 100 Anwohner und marschierten am Freitag mitten auf der Kattenturmer Heerstraße. Einige hundert Meter dahinter müssen sich Herren mit feinen Anzügen in einem knallroten Bus mit der Aufschrift „Stadtrundfahrt“ Kattenturm nun etwas länger anschauen. Die protes-tierenden Anwohner dagegen freut es, heute machen sie den Stau selbst und schwenken „Tante Wischer, vergiss uns nicht“-Plakate. Schließlich würden die Anlieger jeden Tag sehen, hören und riechen, wie sich schätzungsweise 30.000 Fahrzeuge auf der Bundesstraße 6 hin- und herquälten. Pendler aus dem Speckgürtel Bremens, ein schwedisches Möbelhaus, ein Kaufhaus und ein Gewerbegebiet in Brinkum, ließen oft nichts mehr gehen, weiß Stefan Schmeyers, Sprecher der Bürgerinitiative Kattenturmer Heerstraße.

Seit sechs Jahren kämpften die Anwohner für weniger Durchgangsverkehr. Immerhin gilt jetzt ein Nachtfahrverbot für Lastwagen. Aber nur auf dem Papier, schimpfen zwei der Demonstranten. Nur wenn die Polizei kontrolliere hätten sie nachts ihre Ruhe, dann fahre wirklich kein LKW durch. Auch die Herausnahme der Straße aus dem LKW-Führungsnetz bringe derzeit wenig. Die Anwohner sind gereizt. Jeder schwere Lastwagen bringe die Gläser im Schrank zum Klirren. Die Häuser dankten es mit Rissen und so ein neuer Anstrich koste ihn rund 10.000 Mark, rechnet ein Rentner vor. Im Sommer könne keiner die Fenster zur Straße hin aufmachen und ordentlich lüften, klagt dagegen Silke Högermeyer. Wenn der Verkehr steht, stehe auch die Luft. Die Kinder lasse sie nicht gerne vor die Tür, es werde doch viel zu schnell gefahren. Tochter Michelle ärgert sich, dass die Busse durch den Stau oft verspätet seien und die Lehrer dann in der Schule schimpften, wenn Kinder nicht pünktlich sind.

Mit dem Bau der Autobahn 281 vom Zubringer Arsten am oberen Ende der Kattenturmer Heerstraße zum Güterverkehrszentrum (GVZ) befürchtet die Bürgerinitiative noch mehr Verkehr für die zweispurige Straße. Einen Plan für die Entlastung der B6 gebe es im Hause der Verkehrssenatorin Christine Wischer erst gar nicht, meint Stefan Schmeyers kopfschüttelnd. Jetzt sei es an der Zeit, sich den Politikern in Erinnerung zu bringen, damit die Anwohner nicht vergessen würden. „Das ist ein Schildbürgerstreich“, schimpft Wolfgang Ströll mit einem Plakat „Jeden Tag Stau ohne Ende“ in der Hand. „Die bauen eine Autobahn und der Verkehr kann nicht abfließen.“ Lastwagenfahrer würden sich offenbar lieber durch die vergleichsweise enge Kattenturmer Straße drängeln, als ein paar Meter Umweg fahren.

Dabei sei die Lösung denkbar einfach, sollen die Laster doch über die Autobahn 1 nach Brinkum fahren. Weniger Schwerverkehr, so sind sich die Anwohner einig, wäre schon eine große Entlastung. Es bliebe aber immer noch der Strom der Pendler, die in Bremen arbeiten, und der Hansestädter, die zum Einkaufen, nicht nur schwedischer Möbel, ins Umland fahren.

Im Vorgarten hätte man früher noch sitzen können, erinnert sich Uwe Gröper, der ein wenig hektisch auf seine beiden Kleinen aufpassen muss. Und wenn ein Lastwagen auf der Gegenspur kommt, kräftig in die Trillerpfeifen blasen, lautet die Order für alle Kinder, was die se mit Vergnügen tun. Doch gegen den Lärm eines der landenden Flugzeuge kommt auch die Demo nicht an. „Das haben wir hier auch noch“, ruft irgendwer aus der Menge.

Thomas Salzmann