: Wenn Volksvertreter herumbibeln
Im neuen Anfang steckt das Alte Testament: Die Politiker der Berliner Republik heulen und klappern vor sich hin
Der Volksvertreter redet viel, wenn der Tag lang ist, und zurzeit hört er auch nachts nicht damit auf. Ob er weiß, was er redet, weiß ich nicht. Die naive Hoffnung, die ich habe, ist, dass er sich wenigstens ab und zu mal selbst beim Reden zuhört. Dann bekäme er vielleicht eine Ahnung von dem, was er denkt.
Hier mal nur drei Beispiele: Frau Nochnichtbundeskanzlerin Merkel hat gesagt, dass man, sie meinte wohl sich, eine schwere Last zu tragen und ein schweres Erbe anzutreten habe. Herr Ministerpräsidentvonhessen Koch hat gesagt, dass Deutschland flächendeckend von Heulen und Zähneklappern ereilt werde. Und Herr Demnächstarbeitsminister Müntefering hat gesagt, dass es ganz klar sei, dass Milch und Honig nicht fließen, dafür aber was anderes da sein werde, nämlich: gesundes Brot und ordentlicher Aufstrich.
Alle Sprachgewalt geht vom Volksvertreter aus. Gesundes Brot und Aufstrich!!! Ein Satz wie aus Margarine gemeißelt. Beziehungsweise aus dem 2. Buch Münte, des Exodus, Kapitel 34: „Sieben Tage sollst du ungesäuertes Brot essen, wie ich dir geboten habe, und dann sehen wir mal, was du morgen draufschmierst.“
Müntefranz, der südwestfälische Sozial-Katholik, hatte die Zeichen der Zeit früh erkannt. Er musste nicht erst auf die große Deutschland-Tournee Papst Benedikts warten, um zu wissen, dass das deutsche Volk auch dran glauben, dass es also irgendwohin geführt werden will, und sei es nur ins Reich des Übersinnlichen. Münte, der schon im April dieses Jahres mit der achten biblischen Plage reüssierte und Heuschrecken das Land kahl fressen ließ, Münte weiß, was Völker wünschen. Dass er also zum Propheten des von der christlichen Vorsitzenden Merkel plakatierten Neubeginns wurde, ist nur logisch. Wer wie er jederzeit in der Lage ist, I-a-Wahlniederlagen in spektakuläre Siege umzulügen, der macht auch aus dem Stand aus jedem Bibelspruch ein Regierungsprogramm – 2. Buch Münte, Kapitel 3: „Ich errette euch aus Merkels Hand und führe euch in ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Ja sicher. Kommt später dran. Jetzt erst mal nur täglich Brot, dann kucken wir weiter.“
Wer sprachlich derart gewaltig vorbetet, muss sich nicht um Jünger sorgen. Auch Angela Merkel spricht schon in solchen Zungen und will schwere Lasten tragen wie Moses, vulgo Münte.
Ich aber weissage euch, das ganz Alte Testament wird nicht sein der letzte Steinbruch des Neuen Anfangs. Denn höret, der Hessenkoch fabuliert sich bereits sein ganz eigenes Matthäusevangelium zusammen: „Wir werden den Abfall Schröders sammeln und ihn in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein. Und wir, die Gerechten, werden weiterlabern, bis es euch zu den Ohren herauskommt.“ Das aber, so möchte ich hier in aller Demut hinzufügen, soll für heute erst mal alles sein. Amen! FRITZ ECKENGA