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Weniger, aber mehr

■ Kann man mit 34 Zweigstellen Monopoly spielen? Wie sich die bremische Stadtbibliothek gerne reformieren würde, wenn sie könnte

Alle Welt fordert, die Stadtbibliothek solle ihr Angebot „konzentrieren“, und meint damit meist, man möge doch die kleinsten und mickrigsten der 34 Filialen schließen zugunsten von attraktiveren Zentren. Auch die Kultursenatorin plädiert in ihrem Strategiepapier vom September „eher für eine Qualitätssteigerung an weniger Standorten“, und vorgestern erntete sie in der Bürgerschaft die Zustimmung aller Fraktionen: Bis zum 31. März 1994 soll sie auf Antrag der CDU ein Konzept für die Bibliotheksreform vorlegen.

Gar so ernst aber will Helga Trüpel es noch gar nicht meinen: „Das muß jetzt erst alles fachlich diskutiert werden. Von Schließungen kann noch keine Rede sein.“ Die Stadtbibliothek selber hat dagegen durchaus schon nachgedacht. In Hemelingen zum Beispiel gibt es eine winzige Filiale, die auf 180 Quadratmetern einen überaus rasanten Ausleihbetrieb erduldet, und daneben noch Filialen der Filiale in der Drebber- und der Parsevalstraße: „Die könnte man schon zu einer einzigen Bibliothek zusammenlegen“, sagt die Leiterin der Stadtbibliothek, Barbara Lison-Ziessow. Und die Stadtteilbibliothek Vahr vertrüge es, wenn man sie mit der Filiale in der Carl-Goerdeler-Straße verheiraten täte.

Aber schon bei der Frage, was evtl. aus der Zweigstelle im Steintor werden soll, verliert man sich in vielerlei Unwägbarkeiten: Zwar hätten's die Nutzer nicht weit bis zur Zentralbibliothek am Schüsselkorb, und insofern müßte die Steintorfiliale nicht unbedingt sein bzw. man könnte sie in Richtung Peterswerder verschieben, allwo noch viele unerreichte Leser hausen - aber was wird überhaupt aus der Zentrale? Wandert sie vielleicht ins verlassne Polizeihaus am Wall? Oder aber, was der Chefin am liebsten wär, in das jetzige Postamt 5, wofern die Post bald auszieht?

Die Kulturbehörde hat schon mal Anspruch auf den Bau angemeldet; und Barbara Lison- Ziessow würde dafür glatt auf die ersehnte neue Bibliothek im nahen Findorff verzichten. Aber sonst sieht sie für Konzentrationsmanöver wenig Spielraum. „Wir sind durchaus auf dauerhafte Konflikte gefaßt“, sagt sie. Die flottierende Vorstellung, man müßte nur mal um eine schicke Zentrale herum ein paar schicke Unterzentralen gruppieren, will ihr jedenfalls nicht recht einleuchten: „Wir können ja nicht einfach Monopoly spielen; in den meisten Fällen bräuchten wir da aufwendige Neubauten an den geeigneten Stellen, was ja bekanntlich unbezahlbar ist.“

Schon das Vorhaben der Stadtbibliothek, die Filiale in Gröpelingen umzusiedeln, ist so gut wie gar nicht zu machen: Dort steht seit 25 Jahren eine leibhaftige Fehlplanung auf der grünen Wiese herum, die Ausleihzahlen sind dürftig; aber neue, kleinere, besser gelegene Räume sind nicht zu finden. „Da müßten wir schon auf den privaten Markt, und das dürfen wir nicht.“

Im vergangenen Jahr hat sich allerdings die Stadtbibliothek von selber konzentriert, indem sie ihre zehn Jugend- und Schulbibliotheken zumachte. Der Schritt schien noch erträglich; nur eine dieser Filialen hatte mehr als tausend Nutzer pro Jahr anziehen können. Die Kulturbehörde aber ordnete die Wiedereröffnung an und besetzte die Filialen mit delegierten Lehrern, worüber die Stadtbibliothek nicht eben glücklich war, weil gleichwohl nun die Filialen wieder die zentralen Dienste und den Bücheretat belasten. Erst recht schlagen sie zu Buche, wenn demnächst das ganze Bibliothekswesen auf EDV umgerüstet und mit teuren ISDN-Leitungen verdrahtet wird.

„Daß man uns erst zwingt, diese kleinen Zweigstellen wieder zu öffnen, um uns dann zur Konzentration auf weniger Standorte aufzufordern, das halten wir für einen ziemlichen Widerspruch“, sagt Peter Hombeck, der Sprecher der Stadtbibliothek. Ein eigenes Konzept der Stadtbibliothek, welches der Kulturbehörde „jederzeit“ ausgehändigt werden könnte, sieht denn auch vor, einige dieser Filialen wieder zu schließen und andere den größeren Bibliotheken in der Nachbarschaft einzugliedern. Das aber dürfte wiederum den Widerstand der dortigen Bibliothekare befeuern, die ihren Beruf von dieser Lehrerfeuerwehr nicht entwertet wissen wollen.

Daß dieses Dilemma die anstehenden Verhandlungen gänzlich blockiert, ist dennoch nicht anzunehmen: Die Verträge der Lehrer sind auf ein Jahr befristet. Manfred Dworschak

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