: Weniger Lehrstellen
Wirtschaft: Einhalten des Ausbildungspakts schwierig. Strafen für Lehrstellenmuffel bleiben im Giftschrank
BERLIN taz/ afp Die deutsche Wirtschaft hat offenbar Probleme, die von ihr versprochenen Ausbildungsplätze tatsächlich zur Verfügung zu stellen. Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt sei „in diesem Jahr schwieriger als 2004“, sagte Manfred Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die „schlechte Stimmung“ und die „schlechte Konjunktur“ machten es schwierig, den mit der Bundesregierung im vorigen Jahr abgeschlossenen Ausbildungspakt zu erfüllen. Die DIHK setze dennoch „alles daran, neue Ausbildungsbetriebe zu gewinnen“, so Wansleben.
Um eine gesetzlich festgeschriebene Ausbildungsplatzumlage zu verhindern, hatte die Wirtschaft im Ausbildungspakt die Schaffung von jährlich 30.000 neuen Ausbildungsplätzen zugesagt. Zusätzlich verpflichteten sich die Arbeitgeber, 25.000 Jobs in so genannten Einstiegsqualifizierungen wie Praktikumsstellen oder Berufsvorbereitungskursen zur Verfügung zu stellen.
Während der Ausbildungspakt im Jahr 2004 laut Berufsbildungsbericht der Bundesregierung erstmals seit dem Jahr 2000 einen Anstieg der angeboten Lehrstellen bewirkte, sehen die Zahlen in diesem Jahr schlechter aus. Bis Ende April verzeichnete der DIHK einen Rückgang der angebotenen Ausbildungsplätze um 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Schuld an den schlechten Zahlen hat nach Ansicht der Wirtschaft auch die von SPD-Chef Franz Müntefering geäußerte Kapitalismuskritik. „Wer sich zu Unrecht auf die Anklagebank gesetzt fühlt, ist für eine Ausbildung über Bedarf schwer zu gewinnen“, hatte zum Beispiel DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun bereits vor Wochen mit einem Scheitern des Ausbildungspaktes gedroht.
Ein Wiederaufleben der Diskussion um eine Ausbildungsplatzumlage ist jedoch auch im Falle eines Scheitern des Ausbildungspaktes nicht zu erwarten. „Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um so etwas zu diskutieren“, sagte Rainer Wend (SPD), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Bundestags. „Es ist doch gut, dass die Wirtschaftsverbände die Unternehmen zu verstärkten Anstrengungen aufrufen“, sagte Wend der taz.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund will nicht mit der Abgabe drohen: „Das Gesetz ist zwar fertig, aber schwer zu reaktivieren“, sagte Marco Frank, Referent für Jugend und Ausbildung beim DGB-Bundesvorstand. „Individuelle Hilfe“ für Menschen mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt sei wichtiger als eine Zwangsabgabe.
KLAUS JANSEN
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