: Weniger Geld für weniger Arbeit
Solidarpakt: Gewerkschaften lehnen 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich im öffentlichen Dienst ab
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di lehnt eine 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich im öffentlichen Dienst ab. Mit solchen Vorschlägen belaste der Senat das Klima bei den Verhandlungen über den so genannten Solidarpakt, sagte Ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen gestern. Derartige Pläne seien aus objektiven Gründen nicht umsetzbar.
Stumpenhusen reagierte damit auf Medienberichte, wonach Innensenator Ehrhart Körting (SPD) für eine solche Idee werbe, um die Personalkosten zu senken. Zurzeit beträgt die Wochenarbeitszeit im Ostteil Berlins 40 und im Westteil 38,5 Stunden. Die Gewerkschaften und der Senat kommen am Montag zur nächsten Gesprächsrunde über einen Solidarpakt zusammen.
Die Ver.di-Landesvorsitzende äußerte sich empört, dass solche Gedankenspiele immer wieder in die Öffentlichkeit gebracht würden, obwohl die rot-rote Koalition die Rechtslage und die Haltung der Gewerkschaften genau kenne. Das verbessere nicht gerade das Verhandlungsklima, so Stumpenhusen. Sie vermutet dahinter die Absicht der Landesregierung, den Arbeitnehmerorganisationen den „schwarzen Peter“ für ein mögliches Scheitern der Gespräche zuschieben zu wollen.
Die Arbeitszeit ist im bundesweit geltenden Flächentarifvertrag festgeschrieben. Hier könne der Senat nicht einseitig eingreifen, so Stumpenhusen. Änderungen wären nur über eine Öffnungsklausel für Berlin möglich. Einer solchen Ausnahmeregelung werde die Bundesspitze von Ver.di jedoch nicht zustimmen, weil sie damit eine Lawine lostreten würde, betonte Stumpenhusen. Auch andere Länder könnten dann solche Forderungen stellen. Eine Möglichkeit zur Einsparung von Personalkosten wäre aus ihrer Sicht eine Teilzeitinitiative. Das gehe aber nur „individuell und auf freiwilliger Basis“. Um die Bereitschaft der Beschäftigten zur Arbeitszeitverkürzung zu erhöhen, sollte über Anreize nachgedacht werden.
Ziel der rot-roten Koalition ist es, mit dem Solidarpakt bereits im nächsten Jahr 250 Millionen Euro an Personalkosten einzusparen. Durch die bislang schleppenden Verhandlungen gerät der Senat unter Zeitdruck. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte angekündigt, wenn nicht bis Ende Oktober absehbar sei, dass die geplanten Einsparungen erreicht werden, wolle er selbst einseitige Maßnahmen ergreifen. Dazu könnte zum Beispiel ein umfassender Einstellungsstopp im Öffentlichen Dienst gehören. Aber auch eine Arbeitszeitverlängerung für Beamte oder die Streichung außertariflicher Leistungen sind möglich. DDP, TAZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen