: Weniger Geld für Alte, Jüngere sollen sparen
■ Waigel deutet höhere Besteuerung der Renten an. Privatvorsorge im Kommen
Bonn/Inzell (dpa) – Die Rentner in Deutschland sollen möglicherweise mehr Steuern bezahlen. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) erwägt eine stärkere Besteuerung der gesetzlichen Renten. Bei der Landesversammlung der bayerischen Jungen Union (JU) in Inzell kündigte der Minister am Samstag außerdem an, spätestens bis 1997 müsse eine Neufassung der Rentenformel gefunden werden. „Es ist verfassungsrechtlich auf Dauer nicht hinnehmbar, daß die Renten kaum besteuert, andere Altersbezüge aber voll besteuert werden“, sagte er.
Für Rentner gibt es gegenwärtig nicht nur hohe Freibeträge. Der Steuerpflicht unterliegt auch nur der Ertragsanteil – das heißt, ein fiktiver Zinsanteil, der sich auf die früheren Beiträge bezieht. Ohne weitere Einkommen wird ein Rentner gegenwärtig im Normalfall keine Steuern zahlen müssen.
Waigel verwies darauf, daß das Bundesverfassungsgericht wiederholt die Ungleichbesteuerung der Altersbezüge moniert habe. Das Problem sei teilweise bei der Umstellung der Rentenberechnung auf die Nettolöhne gelöst worden, müsse aber nochmals angepackt werden. Von der jüngeren Generation müsse mehr Eigenverantwortung gefordert werden: Gesetzliche Ansprüche müßten durch verstärkte private Altersvorsorge ergänzt werden. Auch Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) forderte in Inzell eine stärkere Besteuerung der Renten. Den älteren Menschen müsse mehr abverlangt werden.
Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) und andere CDU-Politiker wiesen die Forderung von Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) nach grundlegenden Veränderungen im Rentensystem zurück. Das vorgeschlagene Modell einer steuerfinanzierten Grundrente bedeute Gleichmacherei, bei der sich Arbeit nicht mehr lohne, sagte Blüm der Welt am Sonntag. Eine Einheitsrente wäre eine „Prämie für Schwarzarbeiter und Aussteiger“, die dann das gleiche Altersgeld erhielten wie Arbeitnehmer, die voll durchgearbeitet hätten. Biedenkopf und der Vorsitzende der Jungen Union, Klaus Escher, hatten erklärt, das bisherige Rentensystem lasse sich trotz Anhebung des Rentenalters und niedrigerer Leistungen nicht fortführen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen