: Weniger Arme sollt ihr sein
Der Landesmindestlohn soll armutsfest werden, auch für RentnerInnen. Obwohl schon klar ist, wie hoch er dafür sein müsste, wird das erst mal eine Kommission beraten. Wie viele Leute profitieren würden, ist unklar
VonJan Zier
Über den Landesmindestlohn in Bremen wird künftig jährlich statt nur alle zwei Jahre entschieden. Außerdem soll er so ausgestaltet werden, dass die Betroffenen im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen sind. Das hat der rot-grün-rote Senat gestern entschieden.
Zugleich hat er die Entscheidung über die Höhe des Landesmindestlohns delegiert – an ein fünfköpfiges Gremium unter Leitung einer Soziologie-Professorin der Uni Erlangen-Nürnberg, in der ansonsten je zwei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter*innen sitzen. Dieser Landesmindestlohnkommission wolle sie „nicht vorgreifen“, sagte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Die Linke) am Dienstag. Gleichwohl gab sie ein klares Ziel aus: 12,19 Euro müssten es in Bremen nach Berechnungen ihres Hauses sein. Nur dann lasse sich – jahrzehntelange Vollzeitarbeit vorausgesetzt – eine Rente erreichen, die zum Leben ohne Grundsicherung reiche. Auch der Koalitionsvertrag hat die Festlegung auf eine klare Zahl vermieden. Aber nicht den Verweis darauf, dass „Zuwendungsnehmer*innen“ Bremens, die den Landesmindestlohn zahlen müssen, finanziell nicht überfordert werden dürften.
Derzeit liegt der Landesmindestlohn in Bremen bei 11,13 Euro – und entspricht damit der untersten Gehaltsgruppe des öffentlichen Dienstes. In Hamburg sind es zwölf Euro, bundesweit aber nur 9,35 Euro in der Stunde. Gestern tagte jedoch erstmals die neu berufene Mindestlohnkommission, um über eine Erhöhung der bundesweiten Lohnuntergrenze ab 2021 zu beraten. Die Gewerkschaften fordern einen „armutsfesten Lohn“ von 12,35 Euro pro Stunde. Vogt hofft, mit Bremens Initiative die Debatte in Berlin „befeuern“ zu können.
Wie viele Menschen überhaupt von einem höheren Landesmindestlohn profitieren würden, ist unklar: „Dass können wir nicht sagen“, so Vogt – sicher aber gehören zu ihnen die studentischen Hilfskräfte. Studien zufolge gibt es in keinem Bundesland so viele prekäre Arbeitsverhältnisse wie in Bremen.
Nicht gelten wird die Untergrenze aber bei Ausschreibungen im Wert von mehr als 220.000 Euro – denn die müssen EU-weit erfolgen, und der Europäische Gerichtshof sei bei Landesmindestlöhnen bislang „sehr kritisch“, so Vogt.
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