Wen reizt schon Papa Springer?

Der Privatsender Tele5, der Sportkanal werden soll, am Tag danach  ■ Aus München Corinna Emundts

Noch hängen sie am schwarzen Brett im Foyer: die internen Stellenanzeigen von Tele5. Doch sich darauf zu bewerben, interessiert wohl keinen mehr. Denn die erste Amtshandlung des neuen Geschäftsführers Donald P.T. McLoughlin, der bis dato Kirchs Kabelkanal vorstand, hieß Einstellungsstopp. So jedenfalls lauten die Gerüchte im Münchner Privatsender. Leibhaftig in den Redaktionsräumen aufgetaucht ist der Neue noch nicht.

Der vergangene Montag war aus Mitarbeitersicht der vermutlich schwärzeste in der Geschichte von Tele5. Doch die Arbeit muß weitergehen, „business as usual“, wie jeder betont. Der Monitor im Tele5- Schaufenster der Münchner Schellingstraße flackert wie immer, doch hinter den Jalousien ist die Tele-Welt nicht mehr in Ordnung. Am Freitag morgen hatten sie von Springer offiziell erfahren, daß Tele5 bis zum Jahresende zum Sportkanal mutieren soll, Personalabbau inklusive.

Tele5, der „familienfreundliche“ Privatsender mit dem Blümchen links oben, ist Spitzenreiter der Privaten im Wechseln von Eigentümern. Dem Springer-Konzern, erst 1990 mit 29 Prozent eingestiegen, gelang es vergangene Woche, den Gesellschafter Herbert Kloiber (Tele München/ABC-Capital Cities) mit einem Angebot von knapp 200 Millionen auszukaufen. Ähnlich war Springer vor zwei Monaten mit dem luxemburgischen Gesellschafter CLT verfahren. Kloiber hatte sich gegen eine Programmumwandlung gesträubt. Springer gab die neu erworbenen Kloiber-Anteile von 24 Prozent an den Münchner Medienkoloß Leo Kirch weiter. Kirch wiederum ist mit 26 Prozent Großaktionär bei Springer. So teilen sich derzeit nur noch Springer, Kirch und der italienische Kirch-Spezi Silvio Berlusconi den Tele5-Kuchen.

Offiziell begründete Springer die Umwandlung in einen Sportkanal damit, daß der defizitäre Privatsender in seiner jetzigen Form ein wirtschaftliches Risiko darstelle. „Dabei ist es genau andersherum: Wir sind zu schnell zu gut geworden“, sagt ein Nachrichtenredakteur. Vergangene Woche hatte der Sender erstmals mehr als fünf Prozent Marktanteil erreicht. Tele5 sei zu einer Konkurrenz für den Sender Pro7 geworden, an dem Kirch ebenfalls über seinen Sohn beteiligt ist. Deshalb habe Kirch Tele5 ausschalten wollen.

In der 15köpfigen Nachrichtenredaktion brodelt die Gerüchteküche. Gerade wird, wie jeden Tag, die Sendung Fazit vorbereitet, doch die Gespräche drehen sich nur noch um die Zukunft des Senders und um die der etwa 230 Festangestellten. Viele rechnen mit einer Kündigung. „Wer nicht Sportredakteur werden will, sollte sich nach einem neuen Job umsehen“, sagt ein Journalist trocken, „die Kiste macht dicht.“ Am schlimmsten sei, daß die Zukunft der MitarbeiterInnen im unklaren gelassen werde in der Hoffnung, daß sie von alleine gehen. „Die Entscheidung muß bald kommen, sonst drehen die Leute hier durch“, so ein Redakteur. Für ein totgesagtes Programm zu arbeiten, gebe ihm das Gefühl, Pausenclown zu sein. Die Jobsuche wird schwierig: Keinen reize Sat.1, der Sender von „Papa Springer“, oder gar Pro7, an dem der Sohn und der ehemalige Büroleiter von Kirch das Sagen haben. Einer allerdings, zwei Stockwerke höher, zeigt sich weniger pessimistisch: „Bis jetzt hatten wir im Schnitt drei Minuten Sport pro Tag“, so Sportredakteur Brandel, „da kann ich ein Sportprogramm nur begrüßen.“