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berliner szenenWem gehört das Ding in der Bahn?

Ist das Ihrs?“, fragt ein Junge in der S-Bahn die junge Frau mir gegenüber, gerade im Begriff, ihren Platz zu verlassen. Ich frage mich, ob „Ihrs“ richtig ist oder es nicht korrekterweise Ihres heißen müsste.

„Nein“, antwortet die junge Frau, verlässt das Abteil und zurück bleibt das Ding, einsam und verlassen. Misstrauisch beäuge ich es, ganz in Weiß, bis ein junger Typ einsteigt und den Platz seiner Vorgängerin einnimmt. „Ist das deins?“, fragt er, und ich beeile mich, vehement den Kopf zu schütteln. „Ist nicht meins“, sage ich. Ich habe nichts damit zu tun.

Da liegt das Ding, zwischen mir und dem Mann, unangenehm, wir gucken, das Ding an, uns, wissen: Eigentlich müssten wir eingreifen, anpacken, Verantwortung übernehmen, fahnden, nach seinem Besitzer, seiner Besitzerin, ihm oder ihr zeigen, dass das Leben nicht bloß schlechte Nachrichten bereithält. Aber unsere Hände bleiben still. Wir haben schon seit Langem keine Lust mehr, sie schmutzig zu machen. Jeder kümmert sich um sich. Damit fahren wir doch gut, oder?

Der Typ, unschlüssig, was zu tun, betrachtet das Ding, mustert mich: „Können wir das nicht einfach hier durchschieben?“, fragt er. „Zum Schaffner?“

Er starrt mich an, ich nicke: Schieben wir die Verantwortung von uns ab, hin zu einem*r unbekannten Schaffner*in. Energisch befördert er das Ding durch die Schiebetür, einem kleinen Schlitz, der aussieht wie die Borsten eines Fußabtreters, und weg ist es. Aus den Augen, aus dem Sinn, nicht länger in unserem Blickfeld, nicht mehr in unserem Verantwortungsbereich. Privileg ist, habe ich irgendwo gelesen, zu denken, dass etwas kein Problem ist, weil es für dich persönlich kein Problem darstellt.

Der Typ und ich sehen uns an: Augenblicklich fühlen wir uns besser.

Marielle Kreienborg

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