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Weltweit wird auf Regierungsgeheiß gemordet

■ Düstere Bilanz des amnesty-Jahresberichtes 1989 / Insgesamt 133 Länder mit Verstößen gegen Menschenrechte aufgelistet / Folter und Todesstrafe weit verbreitet / Politische Häftlinge in 80 Ländern / In 58 von 100 Ländern mit Todesstrafe fanden Exekutionen statt

Bern (ap) - Mehrere zehntausend Menschen sind im letzten Jahr weltweit auf Geheiß oder mit Duldung staatlicher Stellen ermordet worden. In rund 80 Ländern gab es aufgrund ihrer politischen oder religösen Überzeugung Inhaftierte, und auch Folter ist in großem Umfang an der Tagesordnung. Diese düstere Bilanz zieht die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) in ihrem jüngsten Jahresbericht. In mehr als 100 Staaten gibt es nach wie vor die Todesstrafe, in 58 davon wurde sie 1988 angewendet.

Der ai-Jahresbericht dokumentiert auf 595 Seiten Menschenrechtsverletzungen in 133 Ländern. Im Vordergrund stehen diesmal politisch motivierte Morde und Massaker. Angehörige der Polizei, der Streitkräfte und Paramilitärs in mehr als zwei Dutzend Ländern verübten im vergangenen Jahr derartige Tötungen. Opfer waren auch Kinder und wehrlose alte Menschen. Die staatlichen Morde hielten nach Beobachtungen von amnesty auch in diesem Jahr unvermindert an und erreichten Anfang Juni mit der blutigen Niederschlagung der Protestbewegung in China einen neuen Höhepunkt.

Bei den meisten Opfern staatlich sanktionierter Morde handelt es sich um GegnerInnen der Regierungen, Angehörige bestimmter Volksgruppen oder AnhängerInnen bestimmte Glaubensrichtungen. Die einen starben in abgelegenen Lagern oder geheimen Haftzentren, andere wurden vor den Augen der Öffentlichkeit umgebracht. Amnesty hat auch Berichte, wonach Menschen zu Hause vor den Augen ihrer Familien ermordet wurden. In Staaten wie Kolumbien, Guatemala, El Salvador, Syrien und den Philippinen seien Menschen vor der Ermordung grausam verstümmelt worden.

Hintergrund für politische Morde sind nach den Erfahrungen der Menschenrechtsorganisation nicht selten Bürgerkriege. In umkämpften Gebieten gebe es nur wenige unabhängige Beobachter, und die Regierungen versuchten sich oft dadurch aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie die Ermordeten als Opfer der bewaffneten Auseinandersetzungen bezeichneten. Im Berichtsjahr kam es unter anderem in Somalia, Birma, Sri Lanka, Peru und Afghanistan zu solchen Morden. Viele Menschen hätten nur deshalb ihr Leben verloren, weil sie in einer Region lebten, deren Bevölkerung als regierungsfeindlich gelte.

In rund 80 Ländern gab es im vergangenen Jahr politische Gefangene, die einzig wegen der friedlichen Ausübung von Grundrechten inhaftiert waren. Allein in der Türkei säßen mehrere tausend Menschen aus politischen Gründen im Gefängnis. Zahlreiche politische Gefangene, die keinerlei Gewalt angewendet hätten, gebe es auch in Äthiopien, Südafrika, Singapur, Indien, Kuba, Israel und Syrien. In einer ganzen Reihe von Ländern registrierte amnesty zudem unfaire Gerichtsverfahren, so zum Beispiel in Chile, Indonesien, Kuwait, Äquatorialguinea und Jugoslawien.

In 94 Staaten - darunter Benin, Mauretanien, die Philippinen, Brasilien, Ägypten, Jordanien, die Türkei und Spanien - wurden Häftlinge gefoltert oder mißhandelt. Sie wurden geschlagen, mit Elektroschocks gequält, sexuell mißbraucht oder mit Messern verletzt. Außerdem sei die Todesstrafe immer noch im Rechtssystem von über 100 Ländern verankert. 58 Staaten hätten 1988 von dieser Strafe Gebrauch gemacht. Besonders viele Hinrichtungen seien aus Iran, Irak, China, Nigeria und Südafrika bekannt.

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