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■ Weltschwimmverband sperrt deutschen Funktionär wegen DopingDoppelte Moral

Winfried Leopold, ehemals Trainer des DDR- Schwimmverbands, dürfte schon oft bereut haben, was er 1991 getan hat. Damals gab er gegenüber dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) zu, in die Dopingpraxis des ostdeutschen Spitzensportverbandes involviert gewesen zu sein. Das Bekenntnis brachte ihm zwar den Zuspruch notorischer Schulterklopfer ein, aber ansonsten nur Nachteile.

Bis 1993 konnte Leopold seinen Beruf nicht ausüben, weitere vier Jahre lang blieb ihm eine Führungsposition im DSV verwehrt. 1997 deutete sich für ihn dann eine Wende zum Guten an: Er wurde Teamchef der deutschen Schwimm-Mannschaft. Bei den Europameisterschaften waltete er ungestört seines neuen Amtes.

Die morgen beginnende Schwimm-Weltmeisterschaft in Perth kann Leopold allerdings nur zu Hause am Fernseher verfolgen, denn kurzfristig entzog der Schwimm-Weltverband Fina dem 59jährigen noch die Akkreditierung – mit Hinweis auf seine längst bekannte Vergangenheit. Die Entscheidung ist eine Konzession an die Stimmung in der australischen Sportöffentlichkeit. Im Vorfeld der WM werden die Doping-Vergehen ostdeutscher Sportler und Funktionsträger sowie die entsprechenden Ermittlungen der sogenannten Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) teilweise erhitzt diskutiert – vor allem, weil australische Schwimmerinnen und Schwimmer oft das Nachsehen hatten gegen die Wassersportler aus dem Arbeiter- und-Bauernstaat. Eine Initiative von Saubermännern fordert vermeintlich oder tatsächlich gedopte DDR- Sportler sogar dazu auf, ihre Medaillen zurückzugeben.

Die Entscheidung gegen Leopold verschleiert wieder einmal die politischen Dimensionen der Doping- Frage. Der Sport war für die DDR wichtig, um sich international Anerkennung zu verschaffen, und Doping war somit mittelbar ein Vehikel im Wettstreit der Systeme. Das eine ist bekanntlich k.o. gegangen, aber eine Säule des Sports ist Doping immer noch. Ohne pharmazeutische Mittel gebe es weniger Rekorde, die Attraktivität vieler Wettbewerbe würde sinken und somit auch die Chance, Sport politisch und wirtschaftlich zu verwerten.

Das alles weiß natürlich auch die Fina, die einer Hardliner-Politik gegenüber Dopern bisher nicht verdächtig war. Die heute noch gültigen Schwimm-Weltrekorde der 80er Jahre halten übrigens Amerikaner. René Martens

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