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Weltklimaberichts-Autor Rahmstorf"Das ist ein peinlicher Fehler"

Der Weltklimabericht enthält einige falsche Zahlen. Stefan Rahmstorf, einer der vielen Co-Autoren glaubt dennoch: "Das Gesamtbild zum Klimawandel wird sich nicht ändern."

"Einzelne Fehler ändern nichts am Gesamtbild zum Klimawandel". Bild: privat
Interview von Stephan Kosch

taz: Herr Rahmstorf, dem aktuellen Weltklimabericht zufolge drohen die Gletscher im Himalaja bis 2035 wegzuschmelzen. Diese Zahl ist offenkundig falsch. Das ist ein GAU für die Glaubwürdigkeit des Weltklimarates, oder?

Stefan Rahmstorf: Nur für den, der erwartet, dass so ein über 2.500 Seiten starker Bericht völlig fehlerfrei ist. Das ist kaum möglich, wenn hunderte Autoren Resultate aus tausenden von Studien zusammenstellen. Bemerkenswert ist eher, dass dies der erste Fehler ist, der gefunden wurde. Schließlich durchkämmen zahlreiche Klimaskeptiker diese Berichte nach Fehlern.

Sie haben jetzt neues Futter bekommen.

Diese Jahreszahl ist ein peinlicher Fehler, der korrigiert werden muss. Das ist keine Frage. Aber man sollte diese fehlerhafte Angabe in einem Regionalkapitel zu Asien jetzt auch nicht zu einer zentralen Aussage des Weltklimarates aufbauschen, wie es manche tun. In den Zusammenfassungen für Entscheidungsträger oder im Synthesebericht des IPCC taucht sie überhaupt nicht auf.

Stefan Rahmstorf

49, Ozeanograf, ist Professor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er ist einer der Leitautoren des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC), der 2007 veröffentlicht wurde.

Aber die Klimaforscher warnen doch immer wieder vor den schmelzenden Gletschern und den daraus entstehenden Problemen für die Wasserversorgung.

Daran gibt es auch nichts zu rütteln. Im ersten Band des letzten IPCC-Reports wird zum Beispiel auf Basis einer genaueren Studie von elf repräsentativen Gletschern weltweit gefolgert, dass bis 2050 rund 60 Prozent der Gletschermasse verloren gehen werden.

Das klingt aber ganz anders als ein Rückgang bei den Gletschern im Himalaja um 80 Prozent bis 2035.

Letzteres steht ja auch nicht im ersten Band des Berichtes, der sich mit der Physik des Klimasystems befasst und der von den eigentlichen Klimaexperten geschrieben wird, zum Beispiel auch von führenden Gletscherforschern. Die falsche Zahl steht im zweiten Band, in dem Gesellschaftswissenschaftler und Ökologen die Folgen des Klimawandels auf Ökosysteme und Menschen beschreiben. An sich sollte das auf Basis der Ergebnisse von Band eins passieren.

Und in diesem Fall?

In diesem Fall wurde eine nicht ordentlich belegte Zahl aus der grauen Literatur zitiert, die nicht wissenschaftlich haltbar ist. Im Regelwerk des IPCC steht, dass Angaben aus solchen grauen Quellen, also nicht aus den begutachteten Fachjournalen, besonders kritisch geprüft werden müssen.

Die Sozialwissenschaftler können also mal wieder nicht mit Zahlen umgehen?

Das will ich nicht sagen, zumal die Ökologen ja auch Naturwissenschaftler sind. Eher offenbart es auch eine Schwäche in der Zusammenarbeit der IPCC-Arbeitsgruppen. Die Wissenschaftler der ersten Arbeitsgruppe hätten noch einmal kritisch alle Kapitel der zweiten Arbeitsgruppe prüfen sollen. Aus eigener Erfahrung als Autor muss ich allerdings sagen, dass das bei der hohen und rein ehrenamtlichen zeitlichen Belastung kaum zu schaffen ist.

Aber müsste bei einem so wichtigen Dokument, das zur Grundlage weltweiter Klimaverhandlungen wird, nicht irgendeine zentrale Instanz diese Aufgabe übernehmen?

Das geschieht mit dem fünfzigseitigen Synthesebericht und mit den jeweils rund zwanzigseitigen Zusammenfassungen für Entscheidungsträger. Letztere werden sogar Satz für Satz in einer Plenarsitzung verabschiedet. Einzelne Fehler wird man trotzdem wohl nie völlig vermeiden können, aber am Gesamtbild zum Klimawandel ändern sie nichts. INTERVIEW: STEPHAN KOSCH

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12 Kommentare

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  • L
    lab

    @Matthias Kunz

     

    > Nach wie vor war 1998 das global wärmste Jahr.

    Stimmt nicht: 2005 war das (bislang) wärmste Jahr (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,397149,00.html - einfach googeln reicht aber auch)

     

    > Nach wie vor hat sich seit dem die globale Temperatur stabilisiert und zeigt im Trend sogar leicht nach unten, während die CO2 Konzentration schön weiter steigt.

    Stimmt auch nicht: 2009 geht es wieder nach oben (http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/klimalounge/klimadaten/2010-01-18/nasa-globale-temperatur-2009-auf-rang-2)

     

    Und was "hockey stick" und "hide the decline" betrifft, so ist das alles altes, in aller Breite durchgekautes Zeug, dass nur duch die Erwähnung in genauso alten, aber erst gerade gehackten Emails wieder den Stempel "Aktualität" bekommt.

     

    Das wird dann alles zusammengemischt, mit ein paar ja durchaus zutreffenden Behauptungen über andere Umweltproblem vermischt und der Bemerkung, dass CO2 ungiftig sei (oder alternativ auch mal: gut für Pflanzen). Stimmt ja auch - hat aber rein gar nichts mit der Klimawirkung zu tun.

  • U
    Unbequemer

    Die eigentliche Frage ist gar nicht, ob es einen Klimawandel gibt. Die Frage ist, wenn es einen Klimawandel gibt, welchen Anteil daran hat der Mensch. Diese Frage gilt es ganz sachlich und nüchtern zu klären.

     

    Es ist nicht gesichert ist, daß der Mensch keinen Einfluß hat. Aber es gilt dieses zu prüfen.

     

    Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß zum Beispiel die Grünen nicht zu so einer Sachlichkeit fähig sind. Ist doch der drohende und beschworene Klimawandel eine Daumenschraube, mit der die Grünen dem Wähler Stimmen abfordern. Die Grünen profiktieren von der Angst vor dem Klimawandel. Deshalb wird er von dieser Seite wie ein Komapatient auch am Leben gehalten. Denn die Grünen vollen von der Angst profitieren.

  • S
    SED4ever

    Welche wissenschaftliche Einrichtung konnte sich jemals wieder wirklich etablieren, nachdem ihr nachgewiesen wurde, dass sie Vermutungen als Tatsachen verkauft hat?

     

    Enthält eine wissenschaftliche Publikation auch nur einen einzigen absichtlichen Fehler, um die eigene These glaubhafter erscheinen zu lassen, wird normalerweise der gesamte restliche Text von Kollegen als seichte Lektüre für die Zeit aud dem Lokus, als Reserve wenn mal das Klopapier knapp wird- aber der wissenschaftliche Wert dieser Arbeit wird als gegen Null strebend angesehen. Wo ein Fehler mit voller Absicht reingeknallt wurde, da gibt's unter Garantie noch weitere.

     

    Wieso sollte bei Klimatologen anders verfahren? Soll man den "Weltenrettern" ihre Lügen verzeihen, weil der "gute" Zweck die Mittel heiligt?

     

    Blickt man auf die Ereignisse die dem Vorrausgegangen sind ("Climategate", Löschung der Rohdaten beim CRU nach mehrmonatigem Versuch sie vor der Öffentlichkeit geheim zu halten...) kriegt das ganze einen wirklich bitteren Beigeschmack und so mancher dürfte es nicht mehr nur für eine Verkettung unglücklicher Zufälle halten, wenn da in gewissen Emails Worte wie "hide the decline" allen, von "Mike's Trick" gesprochen wird und aufgerufen wird künftig weniger mit Fakten zu argumentieren, sondern vielmehr mit dramatischen Bildern....

  • AL
    Anna Luehse

    @Matthias Kunz: Treffer.

    Eine Unverfrorenheit, Hansens legendäre Hockeystick-Fälschung zu unterschlagen.

     

    "Umweltschutz ... ZB Medikamentenrückstände im Trinkwasser"

     

    Heikles Thema; da sind "höhere" Interessen im Spiel.

     

    "In den letzten 50 Jahren wurde insgesamt rund eine Million Tonnen (!!) verschiedener Antibiotika in die Biosphäre freigesetzt. Eintragsquellen in die Umwelt sind neben den Ausscheidungen (Urin, Kot) von Mensch und Tier auch weggeworfene ungebrauchte Arzneimittel.

    Es wird befürchtet, dass sich durch das Vorhandensein von Arzneimitteln bzw. deren Rückstände in der Umwelt leichter Resistenzen insbesondere bei Bakterien gegen Antibiotika ausbilden können. ..." (wiki)

     

    Zu klimareligiösen Fanatikern, die gegen den Lebens-Grundstoff CO2 "kämpfen", und Quecksilber in Chemikalien und Haushaltslampen tolerieren, kann ich nur sagen, laßt euch impfen.

     

    @taz: Rahmstorfs Stellungnahme zu CLIMATEGATE hätte auch schwer interessiert. "Hide the decline!" ;-)

  • LG
    Lothar Georg Kopp

    @ von R. Braun:

     

    Super. So ist es. den Paradigmenwechsel von "global warming" zum alles offen lassenden "climate change" hat die deutsche Jounalie noch gar nicht mit gekriegt.

    Du weißt gar nicht, wie recht Du hast.

     

    Darum: lasst uns leben und geniessen.

  • LG
    Lothar Georg Kopp

    Schnell gerade rücken, ehe jemand Klimamodelle entwirft, die eine Erderkältung vorhersagen.

    Mir ist schleierhaft, wie diese Propheten,, die nicht mal das Wetter für die nächsten 10 Tage präzise und verlässlich prognostizieren können, mit so viel Steuergeld so viel Mist verbreiten dürfen.

    Sicher ist nur eines: die nächste Eiszeit kommt bestimmt. Und die darauffolgende Erderwärmung auch.

    Fragen?

  • AR
    A.S. Reyntjes

    Individual-metaphorische Vergletscherung:

     

    Von Glatze bis Sohlenverhornung

    kommt mir in den Sinn:

    In Folge von psych. Verdornung

    ist mein S c h m e l z schneller dahin.

  • JS
    Johan Schreuder

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen das so viel gestandene Wissenschaftler die grosse Klimalüge hinterherlaufen.

  • RB
    R. Braun

    Hier ein Fehler, dort eine Ungenauigkeit, jenes schlicht vergessen zu erwähnen. Dazu noch Diagramme die wesentliche Daten nicht enthalten (vergangene Klimaoptima nicht aufzeigen). Und so weiter und so fort...

     

    Aber natürlich ändert sich dadurch am Gesamtbild nichts. Wirklich nichts?

     

    Nun geändert hat sich zum Beipiel das niemand mehr vom "Global Warming" spricht. Nein, man ist dazu übergegangen vom "Climate Change" zu sprechen. Den Spin-Doctors sei Dank.

     

    Das hat den schönen Effekt das es letztlich egal ist ob es wärmer oder kälter wird, Hauptsache der Schuldkult wird aufrecht erhalten und die Geldmaschine läuft wie geschmiert.

     

    "Climate Change", ein schönes Beispiel dafür das es unerheblich ist was wirklich ist.

  • MK
    Matthias Kunz

    Das soll der einzige Fehler sein, der gefunden wurde?

    Dann googeln Sie schön mal zum Thema "hockey stick" "grapgh" "steve mcintyre".

    Nach wie vor war 1998 das global wärmste Jahr.

    Nach wie vor hat sich seit dem die globale Temperatur stabilisiert und zeigt im Trend sogar leicht nach unten, während die CO2 Konzentration schön weiter steigt. Wieso ist die globale Temperatur zwischen 1940 und 1975 nicht dem steigen Trend des Co2-gefolgt? Verfolgen wir mal schön die nächsten 10 Jahre und beurteilen wir DANN ob die Temperatur wirklich steigt (was ja nahmhafte Wissenschaftler weltweit bezweifeln). Siehe zb die Langzeitwetterprognosen des Astrophysikers Piers Corbyn unter weatheraction(dot)com.

    Was wir brauchen ist ein guter Umweltschutz (Fleischproduktion ist zu 70% an der rodung der Regenwälder verantwortlich und verbraucht undmengen an Wasser - 1kg Rindleisch = 15'500 Liter) ZB Medikamentenrückstände im Trinkwasser, Ozon- und Feinstaubbelastung, Stickoxide, Dioxin. Das sind konkrete Krankheitsmacher. CO2 ist für den Menschen (in diesen Konzentrationen) unschädlich!

  • U
    UweRietmöller

    „Bemerkenswert ist eher, dass dies der erste Fehler ist, der gefunden wurde.“

    Stimmt.

    Wenn wir mal von allen anderen Fehlern absehen, ist dies der erste.

  • DG
    Dirk Gober

    Etwas arg viele "Fehler", die sich da in den Katastrophenszenarien tummeln.

    Sind diese Wissenschaftler wirklich so inkompetent (dann bitte feuern), oder sind diese Fehler einfach "Fehler"?