: Weltanschauung
Betr.: „Von Vorurteilen, Sprache und Bildern“, taz hamburg vom 6.10.2000
Ihr kündigt in Eurem auf der Ebene der Literaturkritik ohnehin fragwürdigen Artikel eine Lesung des Autors Feridun Zaimoglu an, in der er nicht nur sein neues Buch Liebesmale, scharlachrot vorstellen wird, sondern auch Ausschnitte aus dem Film Kanak Attack gezeigt werden sollen. Doch ich möchte mich auf Eure Weltanschauung beschränken.
Ihr stellt unter anderem fest, dass „die Bilder, die sich „die Deutschen“ von denen machen, die sie nicht für deutsch halten“ sich verändert und aufgefächert haben. Diese brandneuen Klischees enthalten nun auch Bilder vom „aggressiven“, „fanatisch gewalttätigen“ (mit Anführungszeichen), frauenfeindlichen und mit Drogen handelnden (ohne Anführungszeichen) „Ausländer“ (wieder mit Anführungszeichen). Und ihr werft Zaimoglu vor, „dass er in seinen Texten solche Vorurteile mit der scheinbaren Wirklichkeit von Literatur immer wieder unterfüttert hat“.
Das ist eine Argumentation, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Und wenn ich sie weiterführe, heißt das, dass „der Türke“ keinen Knoblauch essen sollte, damit das Bild vom knoblauchfressenden Türken nicht „unterfüttert“ wird. Dass er natürlich kein Verbrecher sein darf, weil der Türke der nette Mehmet von nebenan ist. Dass der Jude kein Geld haben durfte, weil ihn die Nationalsozialisten den Besitz dessen verdächtigten. Dass er keine krumme Nase haben darf, weil ihn nationalsozialistische Karikaturen so darstellen. Die taz hamburg reiht sich mit diesem Artikel erfolgreich in die Reihe derer ein, die diesen Sommer bekannten „... aber totschlagen darf man sie nicht.“Annette Weise
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