■ Welt Weit Grönling: Smörrebröds Entdeckung
Als im Februar bekannt wurde, daß Bill Gates' Internet Explorer einen Fehler enthält, der böswilligen Webmastern erlaubt, auf den Festplatten der User allerlei Unheil anzurichten, und Microsoft eine Fehlerkorrektur nach der anderen ins Netz stellte, wollte ich an dieser Stelle schreiben, daß sich Konkurrent Netscape wohl jetzt ins Fäustchen lacht. „Nein“, entschied der Redakteur, „worüber sollten die lachen? Im Gegenteil, die haben doch allen Grund zur Panik.“
Wahrscheinlich hat er recht, dachte ich mir und verkniff mir meine ganz und gar nicht klammheimliche und – zugegeben – auch ein wenig hämische Schadenfreude. Und tatsächlich: Irgend so ein cleverer Bursche aus der Gegend, wo sie diese dünnen, hartgebackenen Scheiben aus Wellpappe essen, die im Mund ein wenig stauben, hat herausgefunden, daß auch der Netscape-Brauser einen ganz ähnlichen Fehler hat: Böse Webmaster könnten unter ganz bestimmten und äußerst abstrusen Bedingungen... (na ja, das hatten wir schon öfter).
Erstaunlich daran ist jedoch nicht so sehr, daß es nun auch Netscape erwischt hat, sondern die Reaktion der Usergemeinde. Die geht nämlich mit einem Netscape-Fehler sehr viel lockerer um als mit den Explorer-Bugs. In den Diskussionsgruppen wird dem zwar eine höhere Bedeutung beigemessen als dem neuen Multimediagesetz, aber so wichtig ist das – im Gegensatz zu den Microsoft-Macken – nun auch wieder nicht.
Aber Netscape hat panisch reagiert und – rumsdiewumms – ein bereinigtes Update des Windows-Brausers gebastelt (www.netscape.com/flash1/misc/ security_update.html). Communicator 4.1 heißt das jetzt, und wer noch mit dem alten Navigator oder noch älteren Unix- oder Mac-Kisten arbeitet, muß noch ein bißchen warten.
Bei Fehlern kommt es aber in erster Linie nicht darauf an, wer sie verursacht hat, sondern welche Auswirkungen sie haben und was man dagegen tun kann. Und daß hier mit zweierlei Maß gemessen wird, ist verständlich. Aber auch dieser Fehler zeigt mal wieder, daß heutige Netzwerksysteme einfach nicht fehlerfrei und absolut sicher sein können – ganz egal, was die Softwareindustrie erzählt. Fehler dieser Art gab es schon in den Zeiten, als ein schwarzer Bildschirm kryptische Kommandos verlangte. Und je aufwendiger, komplexer und vielleicht auch benutzerfreundlicher die Programme werden, um so fehleranfälliger werden sie. Die Zukunft wird uns noch manchen Bug bescheren, das liegt in der Natur der Sache. Dieter Grönling
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