■ Welt Weit Grönling: Ein Modem ist kein Radio
Die Gebühreneinzugszentrale GEZ scheint von Theo Waigel einiges gelernt zu haben. Angesichts leerer Kassen in den Rundfunkanstalten ist man dort auf die geniale Idee verfallen, Gebühren von Leuten zu verlangen, deren PCs ans Internet angeschlossen sind. Schließlich könne man Tagesschau, Deutsche Welle und Bayern 5 auch im Internet empfangen. Was aber anfangs wie ein Scherz im Sommerloch aussah oder schlimmstenfalls dem Übereifer eines öffentlich-rechtlichen Bürokraten zu verdanken war, fängt langsam an, nervig zu werden.
Die meinen das wirklich ernst. Zumindest die gewerblichen Nutzer sollen zur Kasse gebeten werden. Für die GEZ wären das Mehreinnahmen von 100 Millionen Mark jährlich. Dafür können sie dann ein paar volkstümliche Hitparaden mehr produzieren und dem Gottschalk ein weiteres Mal die Nase vergolden. Aber ein Modem ist kein Radio, das hat selbst Forschungsminister Rüttgers (CDU) erkannt – er lehnt Rundfunkgebühren für Internet-Computer energisch ab. Und auch der Vorsitzende des Fachverbandes Informationstechnik, Jörg Menno Harms, hält das für eine verschrobene Idee und meint: „Niemand käme auf die Idee, Flugzeuge zusätzlich mit einer Kfz-Steuer zu belegen, nur weil man damit auch über eine Fahrbahn rollen kann.“ Ist doch wahr. Das Ganze hat ungefähr die Qualität des genialen Monitor-Ulks, nach dem die Deutschen beim Antritt ihrer Urlaubsreise eine Ausreisesteuer zahlen sollten. Waigel hat sich darüber fürchterlich aufgeregt. Aber vielleicht bringt ihn das jetzt auf neue Ideen, und er verlangt Vergnügungssteuer von Fahrradbesitzern, weil es manchmal einen Höllenspaß macht, den Berg runterzubrettern.
Die GEZ-Juristen stört das alles nicht. Vermutlich haben sie außer den unsäglichen WWW- Hinweisen im Abspann bekannter Sendungen noch nie etwas vom Internet gesehen oder gehört. Wenn sie sich das mal anschauen würden, dann wäre die Idee ganz schnell wieder vergessen. Da gibt es aufgewärmtes Zeug von Tagesschau und Tagesthemen, öde Selbstdarstellung und Werbeseiten von Wirsingsendern, und alle fordern ihr eigenes Plug-in. Rundfunk in Mittelwellen-Qualität und Fernsehen als drei mal vier Zentimeter große Zappelshow. Wer sich das antut, müßte noch Geld dazubekommen, statt welches zu zahlen. Wer dafür Gebühren haben will, macht sich lächerlich und stellt das ganze GEZ-System in Frage. Aber das hat durchaus einen positiven Aspekt. So etwas gibt es ohnehin nur in Deutschland, also weg damit! Dieter Grönling
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