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■ Welt Weit GrönlingStatt PGP: Ei Gude wie!

Die meisten kennen diese schöne Sprache nur aus dem Fernsehen, von Günter Strack und Heinz Schenk, oder, noch früher, von Familie Hesselbach: „Mei Näffe, mei Näffe! Kall, mei Droppe!“ Doch auch die Teilnehmer wichtiger Kulturereignisse zur Herbstzeit (Buchmeß) sind damit konfrontiert, und so ranken sich die Partygespräche intellektueller Kollegen auch um dieses Thema: Der Hesse sei der Antifranzose par excellence, die Betonung liegt immer auf der ersten Silbe. Das schrie nach Feldforschung. Unterwegs wurde schon mal geübt, was den Taxifahrer ein wenig irritierte. Er hatte den Auftrag, eine Kneipe zu finden, die um diese Zeit noch geöffnet war. „Mache mer Sie jetzt wahnsinnisch?“ – die Bemerkung der Wahrheitskollegin Häusler war nasal betont und damit nahezu authentisch.

Der Korrektheit halber sei noch erwähnt, daß sie in Nordhessen eine ganz andere Sprache sprechen als im Süden – und daß kein Dorf, keine Stadt so spricht wie die nächste, die vielleicht nur zehn Kilometer entfernt ist. Versuche, das zu erforschen, können deshalb nur sehr ungenaue Ergebnisse liefern. Aber es gibt ihn, den automatischen Übersetzer vom Deutschen ins Südhessische. Wer bei www.jakob.at/ hess.html einen Text eingibt und den Iwwersetze!-Button drückt, erhält ein Ergebnis, das zwar meist (noch) kein korrektes Südhessisch ist, dafür aber durchaus den Charme der Gebrauchsanleitung eines Hi-Tech-Dosenöffners aus Taiwan hat. Aber das ist entwicklungsfähig, und wenn man die Idee konsequent verfolgt, werden Programme zum Verschlüsseln von E-Mail wie „pretty good privacy“ (PGP) möglicherweise überflüssig. Mer waaß es net.

Bischäwomm (Bücherwurm), Beddongtreschä (Betonträger), hunnedahnenfädsisch (141) und Ähdbähdodd (Erdbeertorte) – das versteht auch der Kanther nicht mehr. Sogar alltägliche Redewendungen sind kaum zu dechiffrieren: Ei Gude wie! (Hallo, mein Freund, wie geht es dir?) oder: Hä? (Entschuldigung, ich habe Sie nicht verstanden. Könnten Sie das wiederholen?).

Erstaunlich: Der Server befindet sich nicht in Hessen, sondern in Österreich. Und der Link auf „Südhessisch for Beginners“ landet in der Schweiz. Weise Voraussicht, weil Herr Kanther keinen Hessen-Schlüssel hat? Vielleicht. Frankfurter Kompjutäfrieks haben schon mal ein Schild aufgehängt: „Dieser Raum is voll bis unner die Deck mit de dollste elektronische Anlache. Staune un gugge därf jeder. Awwer rumworschdele un Gnöbbscher drigge, des därfe nur mir. Die Experde.“ Dieter Grönling

dieter@taz.de

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