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Weizsäcker stößt auf taube Ohren

■ Bundesregierung will keine Stellungnahme zum Vorschlag eines Lastenausgleichs für Ostdeutschland abgeben/ SPD und DGB äußern sich positiv zu dem Vorschlag

Bonn (afp) — Der Vorschlag von Bundespräsident Richard von Weizsäcker für einen Lastenausgleich zum Aufbau der neuen Länder ist von der Bundesregierung mit Zurückhaltung aufgenommen worden. Der stellvertretende Regierungssprecher Norbert Schäfer sagte am Freitag in Bonn, die Regierung wolle zu aktuellen politischen Überlegungen Weizsäckers keine Stellung nehmen. Demgegenüber erklärte der DGB, der Vorstoß für einen Lastenausgleich auf der Grundlage einer Vermögensabgabe dürfe nicht untergehen. Der frühere SPD-Vorsitzende Vogel sprach sich dafür aus, den Vorschlag beim Gespräch zwischen SPD und Koalition am Mittwoch in Bonn zu behandeln.

DGB-Chef Heinz-Werner Meyer erklärte, der Bundespräsident habe deutlich gemacht, daß es einer ganz außerordentlichen Anstrengung für den Osten bedürfe, um eine Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen. Vermögen und Vermögenseinkünfte, sozial gestaffelt und über einen langen Zeitraum verteilt zur Finanzierung von Investitionen und Sozialleistungen in Ostdeutschland heranzuziehen, sei schließlich auch ein Beitrag zu mehr Belastungsgerechtigkeit bei der Finanzierung der deutschen Einheit. Vogel vertrat die Auffassung, der Vorschlag trage dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit Rechnung und entspreche der Größe der im Zuge der deutschen Einheit zu bewältigenden Aufgaben. Richard von Weizsäcker hatte einen neuen „Lastenausgleich“ angeregt, um die in Westdeutschland vorhandenen Vermögen stärker für den Aufbau im Osten zu nutzen. Der Lastenausgleich solle „nicht primär durch höhere Steuern oder durch eingefrorene Löhne und Gehälter“ finanziert werden. Vielmehr müsse aus den Vermögenserträgen ein „entscheidender Beitrag“ für Investitionen und Ausgleichszahlungen an Erwerbsunfähige kommen.

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