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Weiterhin heftige Kämpfe in Kabul

■ Obwohl die afghanischen Mudschaheddin-Führer Masud und Hekmatyar eine Waffenruhe vereinbart haben sollen, nimmt der Krieg kein Ende/ Übergangsrat im Konvoi auf dem Landweg nach Kabul

Kabul/Peshawar (ap/taz) — In Kabul gingen die blutigen Auseinandersetzungen gestern weiter. Obwohl die wichtigsten verfeindeten Mudschaheddin-Fraktionen von Achmed Schah Masud und Gulbuddin Hekmatyar am Montag eine Waffenruhe beschlossen haben sollen, leistete Hekmatyars Hesb-i-Islami dem neuen afghanischen Übergangsrat erbitterten Widerstand.

Ad-hoc-Koalitionen ehemaliger Regierungstruppen und verschiedener Mudschaheddin-Gruppen, die sich nun entlang ethnischer Zugehörigkeiten formierten, lieferten sich in den Straßen Kabuls heftige Gefechte. In den Außenbezirken der Hauptstadt wurden auch schwere Artilleriewaffen und Kampfflugzeuge eingesetzt. Durch Vermittlung des pakistanischen Premiers Nawaz Sharif und Vertreter aus Saudi-Arabien hätten Hekmatyar und Masud, der dem Übergangsrat als Verteidigungsminister angehören soll, miteinander verhandelt, meldete die pakistanische Nachrichtenagentur 'APP‘. „Als Ergebnis der Diskussionen der zwei Befehlshaber stimmten alle Gruppen überein, die Gewalttätigkeiten sofort zu beenden“, hieß es.

Der zum neuen Staatspräsidenten bestimmte islamische Rechtsgelehrte und Chef der „Nationalen Befreiungsfront Afghanistans“, Sibghatullah Mudschadidi, reiste unterdessen auf dem Landweg von Pakistan nach Kabul. Der Führer der Islamischen Partei (Hesb-i-Islami) hatte damit gedroht, ein Flugzeug abzuschießen, das die Mitglieder des Übergangsrates ursprünglich nach Kabul bringen sollte. Daraufhin entschloß sich Mudschadidi, auf dem Landweg nach Kabul zu reisen. Der 67jährige wurde von einem Konvoi von mehr als 100 Fahrzeugen begleitet. Die 250 Kilometer lange einzige Straße von Peshawar nach Kabul ist während des 14jährigen Bürgerkriegs erheblich beschädigt worden und führt teilweise noch durch vermintes Gelände.

Masuds Kämpfer der Islamischen Gesellschaft (Dschamiat-i-Islami) hatten die afghanische Hauptstadt bis Sonntag abend nach zum Teil heftigen Gefechten weitgehend unter ihre Herrschaft bringen können. Die Freischärler seines Gegenspielers Hekmatyar wurden aus ihren meisten Positionen und auch vom Präsidentenpalast vertrieben. Am Montag stürmten die Guerillas Hekmatyars jedoch eine Polizeistation in der Nähe des Präsidentenpalastes und beschossen die von Masud gehaltenen südöstlichen Stadtteile mit Granaten. Ein Stützpunkt der Hesb-i-Islami auf einem Bergkamm vor Kabul wurde von der Luftwaffe bombardiert.

Bei den Kämpfen kamen nach Angaben des Roten Kreuzes mindestens elf Menschen ums Leben, mehr als 220 wurden verletzt. Beobachter schätzten die Zahl der Toten noch weit höher. li

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