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Weitere Wahlschlappe für die Tories

■ Bei Nachwahl in Monmouth (Wales) geht der Abgeordnetensitz nach 21 Jahren an die Labour Party/ Geplante Kürzungen im Gesundheitsbereich werden für die Niederlage verantwortlich gemacht

Dublin (taz) — Die britischen Konservativen eilen von einer Wahlschlappe zur anderen. Bei der Nachwahl im walisischen Monmouth, die wegen des Todes des Abgeordneten Stradling Thomas erforderlich geworden war, verloren die Tories am Donnerstag erwartungsgemäß ihren Sitz, den sie 21 Jahre lang mit deutlichem Vorsprung behauptet hatten. Huw Edwards von der Labour Party zieht mit 39 Prozent der Stimmen ins Westminster-Parlament ein. Der Anteil des Tory-Kandidaten Roger Evans betrug nur noch 34 Prozent — 14 Prozent weniger als vor vier Jahren. Der Höhenflug der Liberalen Demokraten setzte sich in Monmouth nicht fort: Sie landeten mit 25 Prozent auf dem dritten Platz. In den vergangenen zwei Jahren ist es den Konservativen bei Nachwahlen nicht ein einziges Mal gelungen, ein Mandat zu verteidigen. Die Kopfsteuer spielte im Wahlkampf diesmal keine Rolle. Statt dessen griff die Labour Party die geplante „Gesundheitsreform“ der Regierung an, die in den Krankenhäusern zu einem drastischen Abbau an Arbeitsplätzen führen wird. Der Tory-Vorsitzende Chris Patten beschuldigte die Labour Party eines unlauteren Wahlkampfs: „Die Labour-Kampagne basierte auf einer Lüge, die im Parlament noch zur Sprache kommen wird. Uns geht es nicht um die Privatisierung von Krankenhäusern.“ Dennoch war er mit dem Wahlergebnis nicht unzufrieden: „Das Ergebnis ist besser, als die Meinungsumfragen befürchten ließen. Wir haben weniger verloren, als bei anderen Nachwahlen.“ Patten setzt auf einen wirtschaftlichen Aufschwung im Herbst und glaubt, daß seine Partei dadurch den Sitz bei den nächsten Parlamentswahlen zurückgewinnen wird. Dem widersprach jedoch der frischgewählte Huw Edwards. „Wenn man diesen Umschwung zu unseren Gunsten auf allgemeine Wahlen überträgt, dann zieht die Labour Party mit einer arbeitsfähigen Mehrheit ins Parlament ein“, sagte er gestern früh nach Verkündung des Wahlergebnisses. „Wir werden das Land ins 21. Jahrhundert führen.“ Sein Parteichef Neil Kinnock sprach von einem „Triumph für die bessere Politik“ und forderte sofortige Parlamentswahlen: „Die Botschaft des britischen Volkes an die Regierung lautet: Tretet ab.“

Ein früher Wahltermin wird jedoch immer unwahrscheinlicher. Verschiedene konservative Abgeordnete haben Premierminister John Major empfohlen, die Wahlen bis zum nächsten Jahr hinauszuschieben. Das Ergebnis von Monmouth wird möglicherweise ein Nachspiel für Gesundheitsminister William Waldegrave haben. Als sich die Tory-Niederlage Anfang der Woche abzeichnete, wurde er vor das einflußreiche Hinterbänkler-Komitee von 1922 zitiert und zum Sündenbock erklärt: Seine Entscheidung, die Gesundheitsreform ohne begleitende Öffentlichkeitsarbeit durchzudrücken, habe der Partei „schweren Schaden“ zugefügt. Ralf Sotscheck

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