piwik no script img

Weiterbau von Stuttgart 21 drohtWer zahlt für den Baustopp?

Gebaut wird an dem umstrittenen Bahnprojekt derzeit nicht – nur wer zahlt für die Verzögerung? Bahn und Land müssen sich binnen einer Woche einigen – sonst geht der Bau weiter.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) muss sich mit der Landesregierung in Stuttgart über den Baustopp einigen. Bild: dapd

STUTTGART taz | Über den umstrittenen Bau- und Vergabestopp für das Bahnprojekt Stuttgart 21 wollen innerhalb einer Woche der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) entscheiden. Darauf hat sich der S-21-Lenkungskreis am Montag in Stuttgart verständigt. Seit Ende März ruhen die Bauarbeiten. Die entscheidende Frage ist, wer die dafür anfallenden Kosten übernehmen wird.

Die Bahn hatte den Stopp nach der Landtagswahl bis zur Sitzung des Lenkungskreises verhängt. Lösen konnten die Vertreter von Land, Bahn, Stadt und Region Stuttgart den Konflikt bei ihrer ersten Sitzung nach der Landtagswahl allerdings nicht. Einigen sich Kretschmann und Ramsauer nicht, würde die Bahn den Tiefbahnhof weiterbauen.

Die neue grün-rote Landesregierung will erreichen, dass der Bau bis zur geplanten Volksabstimmung im Oktober ruht. "Wir wollen schadenersatzfrei gestellt werden", sagte der Technikvorstand der Bahn, Volker Kefer, am Montag. Ansonsten würde der Bahnvorstand dem Konzern mit einem verlängerten Stopp Schaden zufügen. Daher müsse die Entscheidung nun der Eigentümer der Bahn, also der Bund, treffen.

Die Kosten für den verlängerten Stopp bezifferte Kefer auf 410 Millionen Euro. Außerdem sagte er, die Fertigstellung des Projekts würde sich dadurch um drei Jahre verzögern. Dies widerspricht jedoch internen Bahnpapieren, aus denen das Magazin Stern in seiner neuen Ausgabe am Mittwoch zitieren wird. Demnach würden sich die Kosten auf 149 Millionen Euro summieren und der Bau um ein Jahr verzögern.

Auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) äußerte Skepsis gegenüber den von Kefer genannten Zahlen. "Das ist eine gigantische Rechnung, die wir sehr genau prüfen werden", sagte er. Insgesamt sprach Hermann von einem fairen Ton, auch wenn in der Sache kaum Einigkeit erzielt werden konnte.

"Wir haben den Eindruck, dass die Bahn zu eindeutig und einseitig davon ausgeht, dass das alles so kommt wie geplant", sagte er. Wenn die Bahn den geplanten Stresstest ernst nehme, dürfe sie nicht weiterbauen.

Indes beschloss der Lenkungskreis, dass es nach dem Ergebnis des Stresstests, voraussichtlich Mitte Juli, eine öffentliche Veranstaltung analog zur Stuttgart-21-Schlichtung geben soll. Dabei sollen die Methodik und das Ergebnis offengelegt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • WR
    Werner Roth

    Die Bahn will mit Gewalt Ihren S21 Plan durchsetzen - klug wäre es, bis nach dem Ausgang des Stresstests kein weiteres Geld für S21 auszugeben. Aber das ist der Bahn egal. Der Steuerzahler zahlte ja früher klaglos Alles? Diese Zeiten sind zum Glück vorbei! Der Bürger wird in Zukunft die Verantwortlichen für Geldverschwendung persönlich in Regreß nehmen. Auch das Strafrecht bietet dafür Ansatzpunkte! Der Stresstest wird als Blamage für die Bahn enden. Eine Kapazitätserhöhung mit S21 ist ausgeschlossen. Das kann jeder logisch denkende Mensch erkennen - auch ohne Stresstest! Ein Kompromiss wäre K21 und eine zweigleisige unterirdische Verbindung - europäische Magistrale + Verbindung zur Messe und Flughafen. Und die Verschandelung der Stuttgarter Innenstadt sowie jahrelange Behinderungen im Zugverkehr wären zu vermeiden. Kommt bitte gemeinsam zur Vernunft!

  • A
    Anna

    Ich zahl lieber den Baustopp als einen Bahnhof, der nie die Kapazität des Kopfbahnhofs erreichen wird, der Gefahr für Mensch und Umwelt während der Bauzeit und auch danach (Tunnel!) bedeutet. Lieber jetzt einen Bruchteil der Kosten zahlen, als 20 Jahre unkalkulierbare Kosten zahlen für ein Projekt, an dem nur wenige (Immobilienleute und Baufirmen) verdienen, die Bahnfahrer aber rein gar nichts von haben. Das Gegenteil wurde weder in der Schlichtung noch sonst wo bewiesen. Liebe Taz, könnten Sie bitte mal alle Skandale rund um das Projekt, alle Verwicklungen (Spenden ect.), alle Fehlplanungen zusammenfassen, damit jedem klar wird, das Stuttgart 21 nicht gebaut werden darf?

  • MU
    Mappus und Konsorten zahlen

    Mappus und Konsorten, weinschließlich Merkel zahlen den Schmonzess. Das war doch von vornherein klar. Wer bestellt, muss zahlen, auch wenn nicht gebaut wird. Das ist in der Gaststätte genauso. Warum so es in freier Natur anders sein?

    Herr Mappus hat sicherlich schon mal vorsorglich für die Baustopps gezahlt und auch für sein Kernkraftwerk, was er der Ba-Wü-Landesregierung, als Besitz, zugeschanzt hat; auf den letzten Metern seiner Herrschaft in Ba-Wü.

  • B
    Bernd

    Der Steuerzahler wird dafür zahlen, insbesondere der Mittelstand und die Reichen. Woanders kann man ja kein Geld mehr aus den Leuten rausquetschen...